

Rückten die Gesundheit in den politischen Fokus:
Dr. Norbert Tiemann (Moderator, Chefredakteur West-
fälische Nachrichten), Dr. Klaus Michels (Vorsitzender Apothekerverband Westfalen-Lippe), Gabriele Regina
Overwiening (Präsidentin Apothekerkammer Westfalen-Lippe), Oskar Burkert (CDU-MdL), Michael Scheffler
(SPD-MdL), Barbara Steffens (NRW-Gesundheitsministerin, Grüne), Susanne Schneider (FDP-MdL), Kathrin
Vogler (Die Linke-MdB), von links.
an, wie wir die PTA-Ausbildung in eine
bezahlbare duale Ausbildung überführen
können“, ist Steffens schon einen Schritt
weiter. „Wir haben doch alle alternativen
Modelle rauf- und runtergeprüft. Letztlich
führt nichts daran vorbei: Wir müssen als
Land das Geld in die Hand nehmen, um
die Ausbildung zu finanzieren.“
PTA-Ausbildung soll nicht mehr von der
Apothekerschaft bezahlt werden
Eine Auffassung, die CDU-Politiker Oskar
Burkert teilt: „Wir werden auch das nach
der Wahl ändern“, kündigte er an. „Medi-
zinische Heilberufe, PTA, Logopäden und
Physiotherapeuten: Für sie alle darf nicht
mehr gelten, dass sie ihre Ausbildung aus
der eigenen Tasche bezahlen müssen.“
Susanne Schneider wies zudem darauf
hin, dass man nicht jeden Apotheker dazu
verpflichten könne, sich an der Ausbildung
für die PTA finanziell zu beteiligen, zumal
nicht jede PTA im eigenen Landesteil und
in der öffentlichen Apotheke tätig werde.
„Bei allen Parteien besteht der Konsens,
dass die Ausbildung der PTA nicht mehr
von der Apothekerschaft bezahlt werden
soll", bilanzierte Moderator Dr. Norbert
Tiemann.
Große Einigkeit angesichts des
Ernstes der Lage herrschte im zweiten
und mit Spannung erwarteten Teil der
Diskussion, der ein Urteil des Europäi-
schen Gerichtshofs (EuGH) vom Okto-
ber 2016 thematisierte. „Im Kern geht es
hier um den Erhalt der Preisbindung für
verschreibungspflichtige
Arzneimittel.
Diese ist der Grundstein für die flächen-
deckende Versorgung. Wenn man diesen
Stein herauszieht, haben wir eine abso-
lute Erosion, dann bricht das ganze Haus
zusammen“, formulierte Dr. Klaus Michels
unmissverständlich. Die Krankenkassen
müssten mögliche Spielräume nutzen,
es würde selektiert. „Dann hat die einzel-
ne Apotheke in der Fläche keine Chance
mehr.“
Über alle Parteigrenzen hinweg – mit
Ausnahme von FDP-Frau Susanne Schnei-
der – befürworteten die Diskutanten das
von Bundesgesundheitsminister Her-
mann Gröhe (CDU) auf den Weg gebrach-
te Verbot des Versandhandels mit ver-
schreibungspflichtigen Arzneimitteln, um
die Versorgung vor Ort sicherzustellen.
Das Problem: Gerade von Seiten des Koa-
litionspartners SPD kommt im Bund noch
Widerstand, während sich die Länder im
Bundesrat mit großer Mehrheit für diese
Maßnahme ausgesprochen haben.
Entsprechend groß war auch die Er-
wartungshaltung des Auditoriums an
den SPD-Landtagsabgeordneten Michael
Scheffler, den Einfluss der Landes-SPD auf
die Kollegen auf Bundesebene geltend zu
machen. Er sprach sich eindeutig eben-
so für das Versandhandelsverbot aus, so
wie es die NRW-Landesregierung auch
durch ihre Stellungnahme im Bundesrat
getan habe. „Hier zeigen wir klare Kan-
te.“ Er versprach, die Bedeutung des Ver-
sandhandelsverbotes weiterhin auf die
Bundesebene zu tragen. „Wir nutzen aus
Nordrhein-Westfalen unsere politischen
Stränge.“ Die SPD sei jedoch auf allen Ebe-
nen eine demokratische Partei, und man
könne nicht einfach von NRWaus den Kol-
legen im Bund vorschreiben, was diese zu
tun hätten.
Die Grünen sitzen im Bund zwar nicht
auf der Regierungsbank, doch auch bei
der dortigen Oppositionspartei gibt es
unterschiedliche Haltungen zumVersand-
verbot in Bund und Land: „Cordula Schulz-
Asche als Sprecherin im Bund und ich
sind da nicht einer Meinung“, sagte NRW-
Gesundheitsministerin Barbara Steffens.
„Wir brauchen das Versandverbot und ich
bedauere es sehr, dass sich Herr Gröhe
mit seinem Gesetzesentwurf noch nicht
durchgesetzt hat.“ Kritikern, die befürch-
ten, ein Versandverbot sei juristisch nicht
haltbar, entgegnet Steffens: „Wenigstens
versuchen sollten wir es.“ Zur Rechtmä-
ßigkeit eines Verbotes hat auch CDU-
Mann Oskar Burkert eine klare Meinung,
stellt sich auf Steffens Seite und wendet
sich gegen den Koalitionspartner imBund:
„21 von 28 Ländern in der Europäischen
Union haben ein Versandhandelsverbot,
und die SPD macht daraus so ein Drama.“
Mit der FDP, daran ließ Susanne
Schneider keinen Zweifel aufkommen, ist
ein Versandhandelsverbot mit verschrei-
bungspflichtigen Arzneimitteln nicht zu
machen. In der Diskussion stellte sie klar:
„Wir sind eine Partei des Wettbewerbs.
Und Sie können nicht von uns erwarten,
dass die FDP, die sich regelmäßig gegen
alle Reglementierungen ausspricht, hier
nach einem Verbot schreit.“ Sie wolle
die Vorort-Versorgung lieber durch eine
bessere Honorierung der Abgabe bera-
tungsintensiver Arzneimittel oder Sicher-
stellungszuschläge für Apotheken im
ländlichen Raum sichern.
Die erste, die sich gegen den Ver-
sandhandel mit Rx-Arzneimitteln aus-
gesprochen hatte – auch schon vor dem
EuGH-Urteil – war Kathrin Vogler, Ge-
sundheitspolitische Sprecherin von „Die
Linke“ im Bundestag. So positionierte sie
sich erneut eindeutig pro Gröhes Geset-
zesvorhaben. Mit dem Irrglauben, dass
ein Fall der Preisbindung die Arzneimit-
telversorgung preiswerter mache, räumte
Overwiening auf: „Preiswerter als über die
deutsche Apotheke geht die Versorgung
nicht. Wir haben einen Wertschöpfungs-
anteil von 2,3 Prozent aus dem Volumen
der Gesetzlichen Krankenversicherung.“ <
KAMMER IM GESPRÄCH
AKWL
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blatt
02-2017 /
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