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NEWS

2 / 2016

lysieren: An der Wall Street sind das seit den später 1960er-Jah-

ren immerhin 8 Phasen mit hohen Kursverlusten gewesen. Nach

durchschnittlich 25,1 Prozent fand der S&P-500 einen Boden und

drehte nach oben. Im gleichen Zeitraum hatte der Nikkei-255-In-

dex nur drei Bärenmärkte zu überstehen. Der durchschnittliche

Rückgang lag dabei an der Börse Tokio aber mit 24,4 Prozent auf-

fällig nah den 25 Prozent Durchschnittsverlust des S&P-500.

Sind 25 Prozent Verlust genug?

Daraus hätte sich schon Ende der 1980er-Jahre eine einfache

antizyklische Strategie ableiten lassen: Erreicht der Rückgang

eines Aktienmarktes von seinem Höchststand aus 25 Prozent,

sollte man kaufen – mit einer guten Chance, relativ schnell die

alten Höhen wieder zu erreichen. Wie hätte sich diese Strategie

in der Folgezeit geschlagen?

Den Rekordstand vom Sommer 1987 bei 337 Punkten im

S&P-500 stellte der Aktienindex schon im Juli 1989 ein. Danach

ging es nur noch mühsam weiter bergauf, aber immerhin um wei-

tere 9,5 Prozent auf 369 im Sommer 1990. Aufgrund des bevor-

stehenden Golfkrieges verloren US-Aktien dann bis Oktober des

gleichen Jahres 20 Prozent ihres Wertes, aber nicht genug, um

nach der einfachen 25-Prozent-Regel wieder einzusteigen. Auch

der Rückgang des S&P-500 im Jahr 1998 blieb mit 19,3 Prozent

unterhalb der Schwelle. Erst in der im Jahr 2000 begonnenen

Baisse fiel der S&P-500 wieder um mehr als 25 Prozent. Der Re-

kordstand war im März 2000 bei 1.527 erreicht. Rund ein Jahr

später, im März 2001, wuchs der Verlust über 25 Prozent, als

1.145 Indexzähler unterschritten wurden. Wer hier den richtigen

Punkt für einen antizyklischen Einstieg vermutete, durfte sich

zwei Monate lang bestätigt fühlen, ging es doch bis Mai 2001 um

fast 15 Prozent auf 1.313 hoch. Der Rekordstand aus dem Früh-

jahr 2000 wurde aber erst im Juni 2007 wieder erreicht. Dazwi-

schen lag der 11. September 2001, eine Rezession und eine vier-

jährige Erholung. Der Kauf von US-Aktien im Frühjahr 2001 hätte

sich also als verfrüht erwiesen.

Noch schlechter hätte die einfache 25-Prozent-Regel am japani-

schen Aktienmarkt funktioniert: In den 1980er-Jahren hatte der

Höhenflug der japanischen Aktien die Börsen in Europa und in

den USA in den Schatten gestellt. Am 29. Dezember 1989 mar-

kierte der Nikkei mit 38.957 Punkten im Handelsverlauf und mit

38.916 Punkten auf Schlusskursbasis bis heute nicht wieder er-

reichte Allzeithöchststände. Wer 25 Prozent tiefer, also bei rund

29.200, glaubte, antizyklisch einsteigen zu können, lag ziemlich

falsch. Nach dem Platzen der Spekulationsblase auf dem japani-

schen Aktien- und Immobilienmarkt 1990 sank der Index bis Juli

1995 auf 14.485 Punkte, stieg bis Mitte 1996 zwar bis auf

22.667 Punkte, verlor dann aber unter dem Eindruck der Asienkrise

bis Oktober 1998 noch einmal 43 Prozent. Das Niveau von 1996

wurde auch in der „New economy“-Euphorie nicht mehr erreicht.

Und nach dem Platzen der Spekulationsblase im Technologiesektor

fiel der japanische Leitindex bis April 2003 sogar auf einen Tiefst-

stand von 7.608 Punkten, gegenüber dem Dezember 1989 also

ein Rückgang um 80 Prozent.

Bärenmärkte variieren stark

Der Bärenmarkt mit dem größten Verlust in den USA ereignete

sich zwischen 1930 und 1932. Der Aktienindex verlor in dieser Zeit

83 Prozent. Seit 1929 gab es nach einer Studie des US-amerika-

nischen Analysehauses Ned Davis Research 29 Bärenmärkte mit

einer durchschnittlichen Dauer von etwas mehr als einem Jahr.

Der durchschnittliche Verlust lag zwar bei 29,4 Prozent. 12 der 29

Verlustphasen blieben aber unter der 25-Prozent-Schwelle. Umge-

kehrt gab es in 6 Fällen Kursrückgänge von mehr als 40 Prozent.

Beim Nikkei-225 gab es seit 1949 nach der Ned Davis-Studie 15

Bärenmärkte mit einem durchschnittlichen Verlust von 37,4 Prozent.

In 4 der 15 Fälle blieb der Nikkei-Rückgang unter 25 Prozent, in 6

Fällen überschritt er dagegen 40 Prozent und zweimal sogar 60

Prozent Verlust.

Phasen mit fallenden Aktienkursen variieren also sowohl hinsichtlich

der Höhe der Kursverluste als auch ihrer Dauer erheblich. Deshalb

bergen einfache Regeln, beispielsweise nach 25 oder 30 Prozent

Kursrückgang einzusteigen, erhebliche Gefahren: Zum einen bleiben

viele Chancen ungenutzt, weil zwischenzeitliche Kursrückgänge klei-

ner ausfallen, zum anderen können sich Bärenmärkte auch nach

30 Prozent Rückgang mit Verlusten weiterer 30 Prozent fortsetzen.

Dennoch sollten Anleger die Chancen erkennen, die in antizykli-

schem Verhalten liegen. Auf der Suche nach Kaufgelegenheiten

sollten aber fundamentale Bewertungskriterien einbezogen werden:

Wie hoch sind Kurs/Gewinn- oder Kurs/Buchwert-Verhältnisse?

Wie sehen Bewertungskennzahlen im Verhältnis zu ihren langfris-

tigen Durchschnittswerten aus? Und breite Risikostreuung ist ge-

boten. Wer allein auf ein Land, eine Branche oder ein Thema

setzt, erhöht sein Risiko erheblich, wie das Beispiel Japan zeigt.

Wer keine Gedanken an richtiges Timing verschwenden und den-

noch antizyklisch kaufen will, sollte Aktienfonds mittels eines

Sparplans kaufen: Für den gleichbleibenden, regelmäßigen Anla-

gebetrag gibt es immer dann mehr Fondsanteile, wenn der An-

teilspreis gesunken ist. Damit kann man Krisen und die von ihnen

ausgelösten Kursrückgänge langfristig in Gewinne verwandeln.

ROLF KRAHE MEINT:

EIN TIEFGRÜNDIGER BEITRAG

Ich habe ihn zeitversetzt mehrfach gelesen. Zum einen der Blick auf

die Natur des Menschen und die grundsätzliche Fähigkeit, zu reflek-

tieren und immer wieder dazuzulernen. Zum anderen der Blick auf

die sehr lange Krisenhistorie der Börsen, die Analyse und Kommen-

tierung der dortigen „Wetterkapriolen“, die Erfahrungen und den

richtigen Umgang damit – zwischen durchnässter Kleidung und Son-

nenbrand. Das Fazit: diszipliniert mitspielen und die Spielregeln

beachten!