Wer die Kommunikationswege –
gerade in der Pflege und Versor-
gung alter Menschen – nicht als
Einbahnstraße fahren will, kommt
an der Mäeutik nicht vorbei. Das
Modell der erlebensorientierten
Pflege und Betreuung, von der Nie-
derländerin Dr. Cora van der Kooij
gelehrt, erstaunt die Betrachter von
außen immer wieder: mit kleinen
Gesten, winzigen Betonungen im
Umgang miteinander, erreicht die
Mäeutische Pflege die Menschen
im tiefen Inneren ihrer Bedürfnis-
und Gefühlswelt. „Darauf wollen
wir in den Seniorenhäusern der Stif-
tung der Cellitinnen nicht mehr ver-
zichten“, so die Resonanz bei der
Abschlussfeier der neuen internen
Trainerinnen Mäeutik.
Sehr deutlich wurde es bei der Pro-
jektvorstellung über den einfachen
Ablauf des Essensanreichens. Einer
mobilen Bewohnerin wird der ge-
füllte Teller imHausrestaurant ange-
reicht. Kurze Sätze gehen hin und
her. Die Bewohnerin knabbert un-
lustig am Dargebotenen, der Teller
wird fast unberührt abgeräumt, die
Bewohnerin geht missmutig auf ihr
Zimmer. Das spritzige Puppenspiel
der neuen Trainerin Mäeutik zeigt
dann, wie es anders geht: Danach
gefragt, wie ihr Tag war, und ob
sie Zeit draußen im frischen Wind
verbracht habe, spricht die Bewoh-
nerin von Appetit, und bekommt am
frühlingshaft gedeckten Tisch eine
Auswahl von Speisen dargeboten,
aus denen sie wählen kann. Dazu
gibt es ein Glas Wein und vor allem:
viel Zeit, um in Ruhe zu genießen.
Gesättigt, zufrieden und rundum
wahrgenommen verlässt die Be-
wohnerin das Hausrestaurant be-
schwingt, mit guten Wünschen für
die Gestaltung ihres Abends.
In einem anderen Seniorenhaus,
so zeigte es die Präsentation, lockt
eine auffällig gedeckte Tafel mit
leuchtenden Farben und Formen
demenziell veränderte Bewohner
zum gemeinsamen Essen an den
Tisch. Das spricht die Menschen
an, „so viel haben die Bewohner
vorher nie gegessen“, berichtet die
Trainerin.
Möglichkeiten in Pflege
und Betreuung
„Es sind verletzliche, individuelle,
alte Menschen, die sich ihre neue
Bleibe in der Regel nicht selbst aus-
gesucht haben und die, je nach-
dem, wer im Dienst ist, entweder
Glück oder Pech haben, ob jemand
mal einen kurzen Kontakt mit ihnen
aufnimmt – oder eben nicht“, so
beschreibt Thomas Nauroth, Quali-
tätsmanager und verantwortlich für
die Organisation dieser Fortbildung,
die Lage in durchschnittlichen Se-
nioreneinrichtungen. Letztens habe
ihn jemand gefragt, warum wir den
ganzen Aufwand mit der Mäeutik
eigentlich betrieben, es wäre doch
bekannt, dass der überwiegende
Teil der Bewohner dement sei und
dass die Mitarbeiter sich darauf
einzustellen hätten. Und außerdem
würden die Pflegeschüler das alles
ja in der Ausbildung lernen.
„Die Realitäten sehen anders aus“,
erklärt er und fordert: „Gehen Sie
doch mal als Besucher in ein Pfle-
geheim auf der grünen Wiese und
lassen die Szenerie dort auf sich
wirken. Der Tag und die Abläufe sind
Chancen der Mäeutik
In spürbarer Resonanz: erlebensorientiert pflegen
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Lehren | Lernen
CellitinnenForum 2/2018