einer frommen katholischen Fami-
lie. Sowohl ihr Vater, wie ihr späterer
Ehemann waren Katecheten und
beauftragt, Missionare aus Europa
zu unterstützen und zu begleiten.
Gnanammas Ehemann Innaiah, mit
dem sie fünf Söhne hatte, starb auf
einer solchen Pastoralreise. Mit 37
Jahren, alleinstehend und frei von
familiären Verpflichtungen, stellte
sich die Witwe nun mit aller Kraft
in den Dienst christlicher Nächs-
tenliebe. Vor allem war sie davon
beseelt, elementare und religiöse
Bildung für junge Mädchen zu er-
möglichen. Damals schien dies in
Indien ein „unvorstellbarer Traum“,
wie es die St. Anne-Schwestern in
einer aktuellen Selbstdarstellung
formulieren.
Bildung für Frauen
Jedenfalls wurde 1863 durch Gna-
nammas intensives Bemühen eine
erste Mädchenschule in Kilacheri
Realität, einemOrt etwa 40 Kilome-
ter westlich von Madras gelegen.
Dafür hatte sie ihren gesamten Be-
sitz verkauft und war von Ort zu Ort
gezogen, um Geld für dieses Werk
zu sammeln. Bald fand Gnammana
auch zwei Mitstreiterinnen, woraus
sich die Idee einer neuen Ordens-
gemeinschaft entwickelte, die dann
im Oktober 1874 gegründet wur-
de – noch kurz vor dem Tod von
Gnanamma im Dezember des glei-
chen Jahres.
Pater Dieckmann führte dann in
Phirangipurammit der ihm eigenen
Durchsetzungsfähigkeit das Werk
der Gründerin fort. Unbeirrt von den
herrschenden Vorurteilen gegen-
über der Bildung von Frauen gab
er der wachsenden Gemeinschaft
Struktur und Orientierung nach der
Regel des Dritten Ordens des hl.
Franziskus. Intensiv konzentrier-
te er sich auf die Ausbildung der
Schwestern zu Lehrerinnen für die
weibliche Jugend. Das eingerich-
tete Seminar stand bald in einem
sehr guten Ruf mit dem Erfolg, dass
die Regierung in der Provinzhaupt-
stadt Madras darauf aufmerksam
wurde. Es gelang dann bald auch,
dass Schwestern staatlicherseits
besoldet wurden, nachdem sie die
vorgeschriebene Staatsprüfung ab-
gelegt hatten. So entwickelte sich
die Gemeinschaft noch zu Lebzei-
ten Pater Dieckmanns Schritt für
Schritt: Um 1900 hatten 27 der
damals 37 Professschwestern die
Lehramtsprüfung absolviert. Neben
der Lehrerinnenbildungsanstalt ent-
standen ein Pensionat, eine Tag-
und Abendschule für Frauen und
Mädchen, ein Waisen- und ein Wit-
wenhaus.
Nach dem Vorbild ihrer Gründe-
rin wirken die Schwestern heute
unter ihrem Motto „We proclaim
Jesus“ – „Wir verkünden Jesus“
auf den verschiedenen Feldern so-
zial-caritativer Dienste wie etwa der
Krankenpflege und Gesundheits-
fürsorge, der Hilfe für AIDS-Betrof-
fene sowie in der Behinderten- und
Altenarbeit. Nach wie vor ist die
Erziehung und Bildung von jungen
Mädchen, aber auch die Förde-
rung und Unterstützung von Frauen
im Mittelpunkt aller Bemühungen.
Mutter Gnanamma hatte es ihren
Nachfolgerinnen ans Herz gelegt,
in besonderer Weise Frauen in allen
Belangen zur Seite zu stehen.
Etwa 510 Schwestern gehören der
Kongregation an, die in 72 Nieder-
lassungen tätig sind. 65 gibt es in
Indien, je zwei in Italien und Afri-
ka, mittlerweile zwei in Deutsch-
land – neben Hersel seit 2017 in
Leimen bei Heidelberg – und eine
in Kansas, USA. Mutter Gnanamma
wurde 2013 nach Aufnahme des
Seligsprechungsprozesses der Titel
einer ‚Dienerin Gottes‘ verliehen. Ihr
Bestreben für die Mädchen- und
Frauenbildung war zu ihren Leb-
zeiten ein wahrhaft kühnes Unter-
fangen, umso mehr ist es wichtig,
an ihr Lebensvorbild zu erinnern.
Die Schwestern Kantha, Josefine und Theresa (v. li.)
47
Glauben | Leben
CellitinnenForum 2/2018