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Gern wird sie in der Fastenzeit ge-

lesen, die Geschichte vom barm-

herzigen Samariter, der einen Über-

fallenen auf dem Weg von Jericho

nach Jerusalem findet, seine Not

wahrnimmt und für ihn sorgt. Eine

tolle Aufgabe! Doch ein kurzes

Feedback einer Bewohnerin brach-

te mich auf einen neuen Gedan-

ken,: „Was meinen Se denn, wie der

sich fühlt, all das anzunehmen, was

der fremde Samariter da macht?

Ich wäre lieber gestorben, als Hilfe

anzunehmen.“ Geben ist seliger als

nehmen, heißt es (Apg 20,35). Auch

Hilfe geben und Hilfe nehmen sind

zwei höchst unterschiedliche Hal-

tungen. In einem wichtigen Punkt

hat sie also recht, die alte Dame:

Zu jedem, der mit Hingabe pflegt,

gehört auch jemand, der das an

sich geschehen lässt.

Ist es eine Frage der Generatio-

nen, wenn manche jungen Leute

fast schon euphorisch im Internet

posten, dass sie sehr angetan wä-

ren von ein paar Tagen krank sein,

immer verbunden mit: sich versor-

gen lassen, Leckereien gereicht

bekommen, die Verantwortung für

eine Zeit abgeben? Können junge

Menschen es besser zulassen, ge-

pflegt zu werden? Dagegen höre

ich viele ältere Menschen, die die

aufgezwungene Passivität des

Sich-Pflegen-Lassens mit Abhän-

gigkeit, Statusverlust und Ernied-

rigung gleichsetzen; die sich lieber

morgens Stunden am Waschbe-

cken selbst abmühen mit der täg-

lichen Pflege als jemand anderes

auch nur hilfreich in die Nähe zu

lassen. Weil ich es mir irgendwann

nicht mehr aussuchen kann? Weil

es nicht freiwillig, sondern durch

die eigene stärker werdende Hin-

fälligkeit geschieht, dass ich sagen

muss: „Bitte helfen Sie mir…“ –

möglichst ohne Gesichtsverlust!

Wenn ich, Mitarbeiterseelsorgerin

Maria Adams, in die Pflegeschulen

schaue, erlebe ich dort zum Glück

junge und ältere Menschen, die

sich gerne und mit Leidenschaft

für den Pflegeberuf ausbilden las-

sen. Wenn sie dann ein Piercing in

der Lippe haben, und diese Lippen

mich trotzdem liebevoll fragen, wie

sie mir helfen können; wenn der

Arm, der zu meinem Wohlbefin-

den den Waschlappen schwingt,

ordentlich tätowiert ist, aber mir

gereicht wird, dass ich mich selbst

aufsetzen kann, dann wächst da

auch Respekt, Liebe zu Menschen

und Raum, sich in der Pflege anzu-

vertrauen. Meine Generation (63er

Jahrgang) darf ruhig schon mal an-

fangen mit dem Annehmen und

dem Wachsen lassen…!

Maria Adams

Wort und Mensch

Sich pflegen lassen bedeutet, Hilfe annehmen

Lukas 10,30–35

Darauf antwortete ihm Jesus: Ein

Mann ging von Jerusalem nach Je-

richo hinab und wurde von Räu-

bern überfallen. Sie plünderten ihn

aus und schlugen ihn nieder; dann

gingen sie weg und ließen ihn halb

tot liegen. Zufällig kam ein Pries-

ter denselben Weg herab; er sah

ihn und ging weiter. Auch ein Levit

kam zu der Stelle; er sah ihn und

ging weiter. Dann kam ein Mann

aus Samarien, der auf der Reise

war. Als er ihn sah, hatte er Mitleid,

ging zu ihm hin, goss Öl und Wein

auf seine Wunden und verband sie.

Dann hob er ihn auf sein Reittier,

brachte ihn zu einer Herberge und

sorgte für ihn. Am andern Morgen

holte er zwei Denare hervor, gab sie

dem Wirt und sagte: Sorge für ihn,

und wenn du mehr für ihn brauchst,

werde ich es dir bezahlen, wenn ich

wiederkomme.

Vincent van Gogh:

Der barmherzige Samariter

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Glauben | Leben

CellitinnenForum 2/2018