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Fortbildung aktuell - Das Journal

Nr. 2/2011 der Apothekerkammer Westfalen-Lippe

Arzneimittel als Neuroenhancement

l

de Apothek kammer Westfalen-Lippe

der bestimmte Fähigkeiten durch teilwei-

se extreme Schlafdefizite erheblich einge-

schränkt waren oder die Probanden über

ein vergleichsweise weniger leistungsfä-

higes Arbeitsgedächtnis verfügten bzw.

geringere IQ-Werte hatten. Umgekehrt

führte der Konsum von Psychostimulan-

tien bei Probanden mit hohen IQ-Wer-

ten oder mit sehr gutem Arbeitsgedächt-

nis eher zu Leistungsverschlechterungen.

Psychostimulantien

Die „prominestesten“ zum pharmakolo-

gischen Neuroenhancement eingesetzten

Vertreter dieser Gruppe sind das ADHS-

Medikament Methylphenidat und das

„atypische Stimulans“ Modafinil.

• Methylphenidat

Methylphenidat, anfänglich in den 50er

Jahren des vorigen Jahrhunderts sogar

rezeptfrei erhältlich, fällt seit 1971 un-

ter das Betäubungsmittelgesetz. Im Juli

2011 wurde die Zulassung für die Thera-

pie der Aufmerksamkeitsdefizit/Hyperak-

tivitätsstörung bei Kindern und Jugend-

lichen auch auf Erwachsene ausgedehnt.

Nach dem Barmer GEK Arztreport 2013

mit dem Schwerpunktthema ADHS haben

die ADHS-Diagnoseraten zwischen 2006

bis 2011 um insgesamt fast die Hälfte zu-

genommen. In den am stärksten betrof-

fenen Gruppen im Alter von etwa 10 bis

11 Jahren finden sich auch die höchsten

Methylphenidat-Verordnungsraten.

14

Das Verordnungsvolumen von Methyl-

phenidat ist nach dem Arzneiverord-

nungsreport 2015 in früheren Jahren

stets angestiegen, aber seit 2008 weitge-

hend stabil und hat in 2014 etwas abge-

nommen.

15

Laut epidemiologischen Studien gehört

Methylphenidat zu den am häufigsten

missbräuchlich verwendeten Substan-

zen und zwar nicht nur als „Cognitive En-

hancer“, sondern wegen seiner eupho-

risierenden Wirkung auch als sogenann-

te ,,Freizeitdroge“. Einen Einblick in die

Missbrauchs-/Abhängigkeitssituation in

Deutschland liefert eine Abfrage einer

Pharmakovigilanz-Datenbank (Beobach-

tungsintervall: 1993 bis 2012). Von 1.190

Berichten über unerwünschte Wirkungen

mit Bezug zu Methylphenidat wurden 23

als Missbrauchsfälle identifiziert (Durch-

schnittsalter 29 Jahre; 78 % männlich).

Die Autoren vermuten, dass dies vor-

nehmlich zum pharmakologischen Neu-

roenhancement geschah.

16

Bei oraler Ga-

be, vor allem in Form von Kapseln oder

Tabletten mit retardierter Wirkstofffrei-

setzung, ist dieses allerdings kaum zu er-

warten. Repantis analysierte in seinem

Systematic Review 46 Studien überwie-

gend mit oralem Methylphenidat in ge-

ringer Dosierung. Es zeigten sich weder

ein signifikanter Effekt auf die Stimmung

noch Hinweise auf eine Verbesserung der

Konzentration oder der exekutiven Funk-

tionen, allerdings ein schwacher positiver

Effekt auf die Gedächtnisleistung.

13

Eine Übersichtsarbeit aus dem Jahr 2014

kommt demgegenüber zu dem Ergeb-

nis, dass die kognitionsfördernden Eigen-

schaften auch bei gesunden Probanden,

für keine andere Substanzklasse so gut

belegt sind wie für D-Amphetamin und

Methylphenidat. Im Hinblick auf die ge-

netische Heterogenität eines Probanden-

kollektivs könnten die Wirkungen im Ein-

zelfall ganz erheblich sein, im Mittel seien

sie jedoch nur moderat gegenüber Plaze-

bo.

17

• Modafinil

Modafinil ist in Deutschland seit 1998

auf dem Markt. Infolge einer Empfeh-

lung der Europäischen Arzneimittelagen-

tur aufgrund von psychiatrischen Neben-

wirkungen (Suizidgedanken, Depression,

psychotischen Episoden) und kardiovas-

kulären Nebenwirkungen (Hypertonie,

Herzrhythmusstörungen) ist es seit 2012

nur noch gegen Narkolepsie zugelas-

sen, weil hier der Nutzen das Risiko über-

wiegt.

In den Review von Repantis aus dem Jahr

2011 flossen 45 Studien mit Modafinil

ein, davon ein Großteil (28) an Gesunden

nach Schlafentzug. Bei kurzem Schlafent-

zug gab es nach einer einmaligen Einnah-

me einen positiven Effekt auf Wachheit,

Gedächtnis und exekutive Funktionen.

Bei längerem Schlafentzug mit mehrma-

liger Einnahme von Modafinil blieb die

Wachheit erhalten. Für die Aufmerksam-

keit und exekutive Funktionen galt dies

jedoch nicht. Bei Probanden, die nicht

nach Schlafentzug untersucht wurden,

waren die Ergebnisse inkonsistent, jedoch

scheint Modafinil in diesem Fall nur ge-

ringe Effekte zu haben.

13

Eine neuere systematische Übersichtsar-

beit bewertete die Ergebnisse von 24 Stu-

dien aus dem Zeitraum zwischen 1990

und 2014 mit insgesamt 750 Teilnehmern,

in denen Modafinil an Gesunden gegen

Placebo getestet worden war. Das Fazit:

Je komplexer die Aufgabe, die den Pro-

banden gestellt worden war, desto deut-

licher wirkte Modafinil. Es verbesserte

die Entscheidungsfähigkeit und das stra-

tegische Denken. Bei besonders konzen-

trierten oder intelligenten Personen half

es allerdings sehr viel weniger. Außer-

dem werden offenbar nicht alle kogni-

tiven Leistungen gleichermaßen geför-

dert. Es steigerte vor allem die Fähigkeit

für logische Schlussfolgerungen zur Lö-

sung eines Problems (konvergentes Den-

ken), nicht aber die Fähigkeit für flexible

Lösungen (divergentes Denken).

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Antidementiva und Nootropika

Die Antidementiva, auch als Nootropika