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Fortbildung aktuell - Das Journal
Nr. 2/2011 der Apothekerkammer Westfalen-Lippe
F rtbildung aktuell – Das Journal
Nr. 1/2014 der Apoth kerkammer Westfalen-Lippe 28
– as
r al
de Apothek k mmer Westfalen-Lippe
Arzneimittel als Neuroenhancement
einmalig verabreicht (135 Studien). Aus-
sagen über die Neuroenhancement-Wir-
kung erlauben aber nur die Studien mit
wiederholter Einnahme (75 Studien).
Zwar zeigte sich mit zunehmender Dauer
der Einnahme eine Tendenz zu positiver
Wirkung auf die Stimmung, jedoch war
insgesamt kein allgemeiner Effekt auf Ge-
dächtnis, Aufmerksamkeit oder exekutive
Funktionen nachweisbar.
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Betablocker
Betablocker gehören zu den am häu-
figsten verschriebenen Arzneimitteln,
denn ihr therapeutischer Einsatzbereich
ist sehr breit. Gesunde wollen im Sinne
des Neuroenhancements mit ihrer Ein-
nahme Stress, Nervosität und Lampenfie-
ber abbauen. Tatsächlich erleben sie eine
Verminderung von Angstsymptome wie
Herzklopfen oder Zittern, und die Aufre-
gung nimmt ab.
Eine anschauliche Aufbereitung des vor-
handenen validen Datenmaterials zum
pharmakologischen Neuroenhancement
wurde im Jahr 2010 von Franke und Lieb
im Bundesgesundheitsblatt bekannt ge-
macht (s. Tab. 3).
Datenlage zum Soft-Enhancement
• Koffein
Während Kaffee und andere Koffein-
haltige Getränke den Genußmitteln zu-
zurechnen sind, sind Koffeintabletten
mit 200 mg Wirkstoff in Deutschland
zur kurzfristigen Beseitigung von Ermü-
dungserscheinungen und bis zu einer Ta-
geshöchstdosis von 400 mg täglich nur
in der Apotheke erhältlich (Coffeinum
®
).
In randomisierten kontrollierten Studien
wurden die Vigilanz und Aufmerksamkeit
bei gesunden Probanden besser als unter
Placebo gesteigert, und zwar nach Dosie-
rungen von 50-600 mg Koffein einmalig
oder über 6 Tage. Nur nach Schlafentzug
konnten bessere Effekte auf Gedächtnis-
leistungen als für Placebo nachgewiesen
werden. Nach der Datenlage rufen Me-
thylphenidat, Modafinil und Ampheta-
mine bei Gesunden keine stärkeren Ef-
fekte hervor als Koffein.
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• Energy Drinks
Einer der bekanntesten Energy Drinks,
Red Bull, wurde in zahlreichen randomi-
sierten kontrollierten Studien untersucht.
Er enthält 80 mg Koffein und weitere Be-
standteile wie 1.000 mg Taurin, 5,25 g Glu-
kose, 21,5 g Saccharose, 600 mg Glucu-
ronolakton und Aromastoffe. Insgesamt
zeigten sich ähnliche Effekte auf kogni-
tive Domänen wie bei Koffein: Müdigkeit
wird leicht reduziert, Vigilanz und Auf-
merksamkeit werden deutlich gesteigert,
die Reaktionszeit verringert, und einzel-
ne Gedächtnisleistungen minimal verbes-
sert.
19
• Ginkgo
Ginkgo-Zubereitungen sind unter ande-
rem auch zur Behandlung des sogenann-
ten „demenziellen Syndroms“ zugelassen
(Abb. 2). Nach einer Cochrane-Metaanaly-
se und einer neueren systematischen Lite-
raturstudie aus den Jahren 2009 und 2010
ist dies jedoch offenbar wissenschaftlich
nicht ausreichend belegt.
19,20
Bei einma-
liger oder längerfristiger Applikation von
Ginkgo biloba konnten weder Effekte auf
die Reaktionszeit und Stimmung noch
konsistente Auswirkungen auf Vigilanz,
Aufmerksamkeit, Gedächtnis und die sub-
jektive Selbsteinschätzung nachgewiesen
werden.
19
Ein ganz neuer Review aus dem
Jahr 2015 stellt jedoch fest, dass die Ein-
nahme von 240mg Ginkgo biloba täglich
bei einer schwachen kognitivem Beein-
trächtigung und Demenz zu einer Stabili-
sierung oder einer verlangsamten Progre-
dienz von nachlassenden kognitiven Leis-
tungen und Verhaltensstörungen führt.
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Bedeutung des Soft-Enhancements
Um das Ausmaß des „Soft-Enhance-
ments“ mit nicht-rezeptpflichtigen Mit-
teln (Tab. 4) abzuschätzen, wurden für
den DAK-Gesundheitsreport 2015 neben
der Erwerbstätigenbefragung auch Daten
zum Absatz dieser Mittel aus Apotheken-
verkäufen analysiert.
Hiernach werden diese nur in sehr gerin-
gem Umfang von Erwerbstätigen zur Lei-
stungssteigerung oder Stimmungsverbes-
serung eingesetzt. Gemessen am Anteil
am Absatz in Packungen im Jahr 2013 ste-
hen Präparate mit Ginkgo biloba-Extrakt
mit Abstand auf Rang 1 der verkauften
Mittel (knapp 65 %). Am zweihäufigsten
wurden Präparate mit Koffein und Melis-
se gekauft. Sie machen jeweils einen An-
teil von rund 12 % des Gesamtabsatzes
aus. Eine noch geringere Rolle innerhalb
der OTC-Präparate für Neuroenhance-
ment soll nach der Erhebung des DAK-Ge-
sundheitsreports den Ginseng-Produkten
(4,4 %), Guaraná (2,8 %) und Rosenwurz
(Rhodiola rosea) (2,3 %) zukommen. Auf
Johanniskraut entfällt mit 0,1 % der ge-
ringste Anteil, allerdings vermuten die
Autoren hier, dass die Nutzer eher auf
freiverkäuflichen Präparate aus Droge-
riemärkten oder höher dosierte rezept-
pflichtige Antidepressiva setzen.
Der DAK-Gesundheitsreport zieht aus die-
sen Zahlen die Schlussfolgerung, dass der
Gebrauch nicht-verschreibungspflichtiger
Mittel zur Leistungssteigerung und zur
Verbesserung des psychischen Wohlbefin-
dens unter den befragten Erwerbstätigen
kein weit verbreitetes Phänomen ist.
1
Was kann ich ab morgen umsetzen/wo-
rauf kann ich ab morgen achten?
• Bei der Abgabe von Präparaten mit