Fortbildung aktuell - Das Journal
Nr. 2/2011 der Apothekerkammer Westfalen-Lippe 25
Dr. Helga Blasius
Fortbildung ktuell – Das Journal
er A t ekerka er Westfale -Lip e
lich 5,3 % aller Studierenden bekannten
sich dazu. Mehr als ein Drittel (35 %) da-
von greift zu „Medikamenten verschie-
denster Art“ (Schmerzmittel, Schlafmit-
tel, Antidepressiva). An zweiter Stelle
steht Cannabis (23 %), gefolgt von Me-
thylphenidat (18 %). 5,2 % der Studieren-
den wurden den Soft-Enhancenden zu-
gerechnet. Bei den Motiven für die nicht-
bestimmungsgemäße Einnahme wur-
de als häufigstes Motiv die Bekämpfung
von Nervosität angegeben (48 %).
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Nach
den Ergebnissen einer Wiederholungs-
Online-Befragung des HISBUS-Panels von
rund 6.700 Studierenden im Jahr 2014 ist
der Anteil der der Neuroenhancer in den
letzten Jahren leicht angestiegen ist, und
zwar auf 6 % und im Bereich Soft-Enhan-
cement auf 8 %.
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• Daten aus dem Ruhrgebiet
ImRahmen einer aktuellen Befragung von
1.026 Studierenden der Ruhr-Universi-
tät Bochum, der Universität Duisburg-Es-
sen und der Technischen Universität Dort-
mund gaben nur 14 Studierende an, dass
sie bereits Amphetamine, wie beispiels-
weise Ritalin
®
, zur geistigen Leistungsstei-
gerung eingenommen hätten. Immerhin
39 nutzten Cannabis zu diesem Zweck.
Spitzenreiter unter den Substanzen zur
geistigen Leistungssteigerung waren die
Soft-Enhancer Kaffee (574 Studierende),
Energy drinks (419), Nikotin (147) und
Koffeintabletten (125).
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• Untersuchung der Berliner Charité
Erheblich höhere Prävalenzen ermittelten
Forscher vom Institut für Arbeitsmedizin
an der Berliner Charité zwischen Oktober
2010 und Mai 2011 in Online-Erhebungen
unter 1.053 deutschen Studenten. Dort
hatten 1-13 % angegeben, mindestens
einmal in ihrem Leben verschreibungs-
pflichtige Stimulantien (z. B. Modafinil)
und/oder illegale Drogen (z. B. Cannabis)
zur Leistungssteigerung oder Entspan-
nung genommen zu haben.
10
• Gezielt fragen bringt höhere Zahlen
Eine neuere Untersuchung von Dietz
nutzte zum ersten Mal eine spezielle Be-
fragungstechnik. Die randomized-Re-
sponse-Technik (RRT) soll bei sensiblen
Fragestellungen bestimmte Verfälschun-
gen von Interviewantworten verringern
und hat sich im Bereich des körperlichen
Dopings als erfolgreich erwiesen. In der
Erhebung lag die 12-Monats-Prävalenz
der Nutzung von Neuroenhancern unter
rund 2.500 Studierenden noch deutlich
höher, nämlich bei 20 %, (Männer 23,7 %,
Frauen 17,0 %).
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• Auch Pharmazie-Studierende befragt
Wissenschaftler von der Klinik für Psychi-
atrie und Psychotherapie der Universi-
tätsmedizin Mainz befragten in einer Pi-
lotstudie in 2009/2010 1.035 volljährige
Schüler und Schülerinnen von Gymnasien
und Berufsschulen und 512 Studierende
der Universität Mainz aus drei verschie-
denen Fakultäten (Wirtschaftswissen-
schaft, Pharmazie und Medizin) zu ihrem
Konsumverhalten potenziell leistungs-
steigernder Substanzen. Rund 4 % der
Teilnehmer hatten bislang mindestens
einmal solche Substanzen genommen,
und zwar häufiger illegal zu erwerbende
Psychostimulantien (Amphetamine, Ko-
kain, Ecstasy) als rezeptpflichtige. Über
die Hälfte konsumiert regelmäßig Koffe-
in, und knapp 50 % trinken koffeinhal-
tige Energy Drinks.
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Pharmakologie des Neuroenhancements
Die meisten zum pharmakologischen
Neuroenhancement eingesetzten Sub-
stanzen (Tab. 2) sind als „normale“ Phar-
maka schon lange bekannt. Das macht
sie aber für diesen nicht bestimmungsge-
mäßen Einsatz noch lange nicht wirksam
und sicher. Aus pharmakologischer Sicht
spielt es nämlich durchaus eine Rolle, ob
mit einem Eingriff ein gestörtes System
korrigiert oder aber ein normal funktio-
nierendes optimiert werden soll. Schließ-
lich sind die Wirkstoffe im Wesentlichen
zur Vorbeugung oder Behandlung von
Krankheiten an Patienten klinisch unter-
sucht worden und nicht an Gesunden.
Klinische Datenlage widersprüchlich
In seiner Dissertation aus dem Jahr 2011
hat Dimitros Repantis die Datenlage mit
dem Fokus auf synthetischen Psycho-
pharmaka in einem Review evaluiert. In
der Gesamtschau spricht einiges dafür,
dass die bisher verfügbaren pharmako-
logischen Substanzen, wenn überhaupt,
dann lediglich in den Fällen leistungs-
relevante Effekte hatten, in denen sich
die Probanden in einer defizitären Aus-
gangssituation befanden. So wirkten
sämtliche psychostimulierenden Substan-
zen nur dann aktivierend, wenn entwe-
Tabelle 2:
Zum pharmakologischen Neuroenhancement eingesetzte Substanzen
1,3
Gruppe
Substanzen
(Psycho-) Sti-
mulantien
Amphetamine (Adderell
®
, in Deutschland nicht zugelassen)
Methylphenidat (Ritalin
®
, Concerta
®
, Equasym
®
, Medikinet
®
)
Modafinil (Vigil
®
)
Antidementiva Acetylcholinesterase-Inhibitoren: Donepezil (Aricept
®
), Rivastigmin
(Exelon
®
), Galantamin (Reminyl
®
), Tacrin (Cognex
®
)
NMDA-Rezeptor-Antagonisten: Memantin (Axura
®
, Ebixa
®
)
Antidepressiva Selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer (SSRI): Fluoxetin,
Fluvoxamin, Citalopram, Escitalopram, Paroxetin, Sertralin
Betablocker
z. B. Metoprolol