TRAINING |
ZAUS
. . . und warum Hobby-Golfer nicht
regelmäßig zum Pro gehen.
Von Marco Zaus
WARUM WOLLEN IMMER WENIGER
GOLFER REGELMÄSSIG ZUM PRO?
Ich konnte das auch schon beobachten
und kann das nach vielen Gesprächen
mit Hobby-Golfern über fast zwei Jahrzehnte
gut verstehen.
In der Regel laufen Pro-Stunden nach die-
sem Schema ab: Sie buchen eine Stunde. Sie
schildern Ihre Probleme. Ihre Bewegung wird
nach Fehlern untersucht. Die Fehler werden
korrigiert – oder anders ausgedrückt: Sie
müssen Ihre gewohnte Bewegung in einer
Richtig-und-falsch-Analogie um-
stellen, und dies meist noch
mitten in der Saison oder –
noch schlimmer – kurz vor
einem Turnier (im Win-
ter wäre so ein Training
gerade noch vertretbar).
LERNPROZESS
Natürliches Lernen läuft
jedoch ganz anders ab:
Hier gibt es kein Richtig und
Falsch, maximal ein Günstig und
Ungünstig, um einen bestimmten Ball-
flug zu erreichen, der über ein viel motivieren-
deres und mehr Spaß bringenderes Auspro-
bieren erworben wird. Ich stelle mir vor, dass
meine Schüler sechs Jahre alt sind und Spaß
am Ausprobieren in sich tragen, obwohl uns
dies über Jahre im alten Schulsystem genom-
men wurde. Wir alle sind von früher Bulimie-
Lernen gewohnt, aber in unserer Freizeit leh-
nen wir das ab – meiner Meinung nach auch zu
Recht. Sie als Hobby-Golfer haben also ein Gespür
fürs Lernen, welches nur von wenigen Coa-
ches bedient wird oder bedient werden kann.
WIE KANN NATÜRLICHES TRAINING
IN DER REALITÄT AUSSEHEN?
Das ist eine gute Frage, mit der sich
einige Coaches aus Golf, Tennis, Leicht-
athletik und auch Fußball auseinandersetzen.
Prof. Dr. Wolfgang Schöllhorn gibt uns Coa-
ches mit unseren intuitiven Eingebungen zum
Thema „natürliches Lernen“ zum Glück noch
eine wissenschaftlich fundierte Grundlage
hinzu. Er nennt diesen Lernstil „differenziertes
Lernen“ und kam über viele Untersuchungen
an der Uni Mainz zu der Aussage, dass besse-
re Leistung entsteht, wenn man NICHT mo-
noton die ideale Technik einschleift, sondern
möglichst viel variiert. Er weist nach, dass im
differenziellen Lernen die Leistung auch nach
dem Training weiterhin ansteigt, wohingegen
im klassischen Stil eher Rückfälle auf das alte
Leistungsniveau auftreten. Schöllhorn gibt
dem klassischen Lernen einen wissenschaft-
lichen Tritt in den Hintern. Daher möchte
ich Ihnen noch ein Bild aufzeichnen, wie ein
besserer Unterricht für den Hobby-Golfer
aussehen kann.
ERWARTUNGSHALTUNG
Zuerst gilt es für mich, mit einem
neuen Schüler zu klären, was
er genau von dieser Trainings-
einheit erwartet und ob
er sich grundsätzlich für
ein Training öffnen kann,
das man dann Sport nen-
nen kann, statt nur kurzfristige
Optimierung zu suchen. Dann gilt es
zu klären, ob der Schüler Bereitschaft mit-
bringt, gewohnte Denkweisen zum Thema
Lernen zu hinterfragen.
Zuletzt brauche ich einen Rahmen, wie
viel Zeit der Schüler pro Woche dem Lernen,
Optimieren und Neuerwerben von Fertig-
keiten aufwenden auch ohne Pro möchte. Da
all dies sehr individuell ist, läuft dann auch
das Training von jedem einzelnen Golfer ganz
spezifisch ab.
STIMMT ES, DASS MAN SICH
NICHT MIT PROFI-GOLFERN
VERGLEICHEN SOLLTE?
Ein kinematisches Kopieren
von Meistern bringt nichts. Be-
denken Sie, dass die Fachbücher Hogan,
Nicklaus, Faldo und Woods (die vier Legenden
des Spiels) so beschreiben, wie sie als sehr
fertige Spieler spielen und nicht, wie sie zu
diesen Fertigkeiten gelangt sind! Außerdem
spielen und trainieren wirklich alle Top-Spieler
anders. Selbst die beiden Molinari-Brüder
(beide erfolgreich auf der Tour) haben sich
beim selben Coach sehr unterschiedlich in der
Bewegung entwickelt.
In der Psychologie heißt es: Willst du
unglücklich sein – dann vergleiche dich mit
anderen ... Von allenMeister-Büchern scheinen
mir jedoch Ben Hogans Bücher („Five Lessons“
und „Der Golfschwung“) noch am besten zum
natürlichen Lernen zu passen, da er seine Er-
kenntnisse selbst aufschrieb.
Allerdings ist es nicht das Wissen von einer
Bewegung, sondern das Ausführen vieler Be-
wegungen, was Sie schließlich besser spielen
lässt. Der Weg ist ein Erwerb von Fertigkeiten,
die Sie dann auf Ihrem Niveau und Ihrem Zeit-
fenster gemäß können = ein gefühltes und vor
allem echtes Wissen.
GT
NATÜRLICHES
LERNEN
…
„WIR ALLE
SIND VON FRÜHER
BULIMIE-LERNEN
GEWOHNT. IN
UNSERER FREIZEIT
LEHNEN WIR
DAS AB“
MARCO ZAUS
Seit 2001 Fully
Qualified PGA Pro-
fessional, Coach
von zahlreichen
Auswahlspielern und
Tour-Professionals
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1-2016
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