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ZENTRUMSENTWICKLUNG

42

Schweizer Gemeinde 5/14

das «Zusammenraufen der betroffenen

Grundeigentümer». Dabei waren die

Ausgangslagen ganz unterschiedlich –

hinsichtlich des Sanierungsbedarfs der

Liegenschaften, aber auch punkto Risi-

kobereitschaft und Zukunftsabsichten

der Eigentümer. «Einige wollten nichts

investieren und waren mit den Mieter-

trägen zufrieden – sie betrachteten

diese als Altersvorsorge», erzählt Mo-

ser. Andere Eigentümer hätten das Ar-

gument ins Feld geführt, eine Sanierung

respektive ein Neubau mache nur Sinn,

wenn auch die Nachbarn «etwas ma-

chen» würden. Im Verlauf der Zeit ver-

änderte sich die Situation. Bei einer Lie-

genschaft kam es zu einem Eigentümer-

wechsel, und die Eigentümer im Sektor

Ost zogen einen externen Berater bei.

«Ich bin dort nicht mehr weitergekom-

men. Es brauchte einen Impuls von aus-

sen», blickt Moser zurück.

Die Eigentümer stimmen einheitlichen

Verkehrswertschatzungen zu

Der Durchbruch gelang Moser schliess-

lich, indem sich alle betroffenen Grund-

eigentümer bereit erklärten, einheitliche

Verkehrswertschatzungen durchzufüh-

ren. Diese sind Grundlage für die Auftei-

lung der Planungskosten und der späte-

ren Verkaufserlöse. Im November 2011

unterzeichneten die Gemeinde und die

betroffenen Grundeigentümer, die sich

zu einer Interessengemeinschaft zu-

sammengeschlossen hatten, eine Ver-

einbarung für einen Studienauftrag.

Dessen Ziel: Die Ortskernerneuerung

sollte den ortsplanerischen, architekto-

nischen und denkmalpflegerischen Be-

dürfnissen Rechnung tragen und allen

Grundeigentümern eine Bebauung er-

möglichen, die für Gewerbe-, Dienst-

leistungs- und Wohnnutzungen attrak-

tiv ist. Es folgte ein Wettbewerb auf Ein-

ladung, dessen Kosten die Denkmal-

pflege (65 000 Franken), die Gemeinde

(32 500 Franken) und die betroffenen

Grundeigentümer (32 500 Franken) über-

nahmen.

Die Bevölkerung

sagt knapp Ja

Ein Gremium, in dem auch Vertreter der

Grundeigentümer Einsitz hatten, beur-

teilte die Ergebnisse des Studienauf-

trags. Ende 2012 wurden die Eingaben

der Architekturbüros, mit Fokus auf das

Siegerprojekt, präsentiert. Mit 1461 Ja

gegen 1124 Nein-Stimmen sprachen

sich die Ruswiler Stimmbürger am

3. März vergangenen Jahres schliess-

lich für die Erneuerung des Dorfkerns

aus. Sie stimmten damit der «Erneue-

rung des Dorfkerns gemäss dem Sie-

gerprojekt des Architekturwettbewer-

bes», dem Standort des Gemeindehau-

ses im Dorfkern West (Gebiet Chrämer-

hus), einem Planungskredit für die Rea-

lisierung des Dorfkerns West mit Ge-

meindehaus von 455 000 Franken und

dem Einbringen eines Parkplatzes durch

die Gemeinde, gegen Erhalt von einer

noch auszuhandelnden Anzahl Park-

plätze in einer Autoeinstellhalle im Dorf-

kern Ost, zu.

Sektor Ost kommt voran,

Verzögerung im Sektor West

Mittlerweile sind die Planungen für die

beiden Sektoren unterschiedlich weit

fortgeschritten. Die Grundeigentümer

des Sektors Ost haben im vergangenen

Herbst ein Zentralschweizer Unterneh-

men gefunden, das die geplante Zen-

trumsentwicklung umsetzen wird und

gleichzeitig als Investor auftritt. Die Bau-

eingabe soll noch vor den Sommerfe-

rien erfolgen.

Die Weiterentwicklung des Sektors

West, wo die Gemeinde als Investorin

auftreten will, ist hingegen ins Stocken

geraten. Die Urnenabstimmung über

den Baukredit war für den 18. Mai ge-

plant. Sie wurde nun auf ein späteres

Datum verschoben. Grund dafür ist ge-

mäss Mitteilung des Gemeinderats,

«dass der Sanierungsbedarf für das

Chrämerhus höher ist als angenom-

men».Vertiefte bautechnische Abklärun-

gen hätten ergeben, dass verschiedene

Gebäudeteile und die Statik des Chrä-

merhus in einem schlechten Zustand

seien, was die Sanierung verteuern

werde. Gleichzeitig kommen die Auto-

ren eines bauhistorischen Gutachtens

zum Schluss, dass ein Abbruch des

denkmalgeschützten Gebäudes nicht

möglich ist. Einerseits erfülle das Chrä-

merhus eine wichtige Funktion hinsicht-

lich des national geschützten Ruswiler

Ortsbildes, andererseits sei es auch be-

züglich seiner Bausubstanz ein wichti-

ger Zeuge einer vergangenen Epoche.

Der Gemeinderat hält

an seiner Strategie fest

Das Chrämerhus ist damit der Knack-

punkt der Dorfkernerneuerung. «Dass

es nicht abgerissen werden darf, ist in

der Bevölkerung umstritten», sagt Mo-

ser. Dem versucht der Gemeinderat, der

trotz neuer Ausgangslage an seiner

Strategie festhält, entgegenzuwirken. In

einer kürzlich erschienenen dreiteiligen

Artikelserie im «Anzeiger vom Rottal»

wurde die Geschichte des Chrämerhus

erzählt und dessen Bedeutung aufge-

zeigt. Für den Ruswiler Gemeinderat ist

klar: Die Totalsanierung des Chrämer-

hus ist untrennbar mit der gesamten

Dorfkernerneuerung verbunden. «Eine

Abkehr von dieser Strategie hätte zur

Folge, dass für die Gemeinde auf Jahre

hinaus jede Einflussnahme im Ortskern

verloren ginge.»

Dass die langersehnte Dorfkernerneue-

rung bald zustande kommt, hofft natür-

lich auch der Ortskernbeauftragte. Trotz

der derzeitigen Unsicherheit zieht er

eine positive Zwischenbilanz seiner Tä-

tigkeit. «Dank frühzeitiger Einbindung

der verschiedenen Akteure konnten an-

gepasste Lösungen gefunden und Kon-

flikte und Blockaden vermieden wer-

den.» Für Moser steht fest: «Es braucht

ein gemeinsames Vorgehen.»

Philippe Blatter

So soll das Dorfzentrum von Ruswil in Zukunft

Bild: Architektenbüro Lussi+Halter Partner AG

aussehen. Links der Bildmitte das denkmalgeschützte Chrämerhus.