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ZENTRUMSENTWICKLUNG
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Schweizer Gemeinde 5/14
das «Zusammenraufen der betroffenen
Grundeigentümer». Dabei waren die
Ausgangslagen ganz unterschiedlich –
hinsichtlich des Sanierungsbedarfs der
Liegenschaften, aber auch punkto Risi-
kobereitschaft und Zukunftsabsichten
der Eigentümer. «Einige wollten nichts
investieren und waren mit den Mieter-
trägen zufrieden – sie betrachteten
diese als Altersvorsorge», erzählt Mo-
ser. Andere Eigentümer hätten das Ar-
gument ins Feld geführt, eine Sanierung
respektive ein Neubau mache nur Sinn,
wenn auch die Nachbarn «etwas ma-
chen» würden. Im Verlauf der Zeit ver-
änderte sich die Situation. Bei einer Lie-
genschaft kam es zu einem Eigentümer-
wechsel, und die Eigentümer im Sektor
Ost zogen einen externen Berater bei.
«Ich bin dort nicht mehr weitergekom-
men. Es brauchte einen Impuls von aus-
sen», blickt Moser zurück.
Die Eigentümer stimmen einheitlichen
Verkehrswertschatzungen zu
Der Durchbruch gelang Moser schliess-
lich, indem sich alle betroffenen Grund-
eigentümer bereit erklärten, einheitliche
Verkehrswertschatzungen durchzufüh-
ren. Diese sind Grundlage für die Auftei-
lung der Planungskosten und der späte-
ren Verkaufserlöse. Im November 2011
unterzeichneten die Gemeinde und die
betroffenen Grundeigentümer, die sich
zu einer Interessengemeinschaft zu-
sammengeschlossen hatten, eine Ver-
einbarung für einen Studienauftrag.
Dessen Ziel: Die Ortskernerneuerung
sollte den ortsplanerischen, architekto-
nischen und denkmalpflegerischen Be-
dürfnissen Rechnung tragen und allen
Grundeigentümern eine Bebauung er-
möglichen, die für Gewerbe-, Dienst-
leistungs- und Wohnnutzungen attrak-
tiv ist. Es folgte ein Wettbewerb auf Ein-
ladung, dessen Kosten die Denkmal-
pflege (65 000 Franken), die Gemeinde
(32 500 Franken) und die betroffenen
Grundeigentümer (32 500 Franken) über-
nahmen.
Die Bevölkerung
sagt knapp Ja
Ein Gremium, in dem auch Vertreter der
Grundeigentümer Einsitz hatten, beur-
teilte die Ergebnisse des Studienauf-
trags. Ende 2012 wurden die Eingaben
der Architekturbüros, mit Fokus auf das
Siegerprojekt, präsentiert. Mit 1461 Ja
gegen 1124 Nein-Stimmen sprachen
sich die Ruswiler Stimmbürger am
3. März vergangenen Jahres schliess-
lich für die Erneuerung des Dorfkerns
aus. Sie stimmten damit der «Erneue-
rung des Dorfkerns gemäss dem Sie-
gerprojekt des Architekturwettbewer-
bes», dem Standort des Gemeindehau-
ses im Dorfkern West (Gebiet Chrämer-
hus), einem Planungskredit für die Rea-
lisierung des Dorfkerns West mit Ge-
meindehaus von 455 000 Franken und
dem Einbringen eines Parkplatzes durch
die Gemeinde, gegen Erhalt von einer
noch auszuhandelnden Anzahl Park-
plätze in einer Autoeinstellhalle im Dorf-
kern Ost, zu.
Sektor Ost kommt voran,
Verzögerung im Sektor West
Mittlerweile sind die Planungen für die
beiden Sektoren unterschiedlich weit
fortgeschritten. Die Grundeigentümer
des Sektors Ost haben im vergangenen
Herbst ein Zentralschweizer Unterneh-
men gefunden, das die geplante Zen-
trumsentwicklung umsetzen wird und
gleichzeitig als Investor auftritt. Die Bau-
eingabe soll noch vor den Sommerfe-
rien erfolgen.
Die Weiterentwicklung des Sektors
West, wo die Gemeinde als Investorin
auftreten will, ist hingegen ins Stocken
geraten. Die Urnenabstimmung über
den Baukredit war für den 18. Mai ge-
plant. Sie wurde nun auf ein späteres
Datum verschoben. Grund dafür ist ge-
mäss Mitteilung des Gemeinderats,
«dass der Sanierungsbedarf für das
Chrämerhus höher ist als angenom-
men».Vertiefte bautechnische Abklärun-
gen hätten ergeben, dass verschiedene
Gebäudeteile und die Statik des Chrä-
merhus in einem schlechten Zustand
seien, was die Sanierung verteuern
werde. Gleichzeitig kommen die Auto-
ren eines bauhistorischen Gutachtens
zum Schluss, dass ein Abbruch des
denkmalgeschützten Gebäudes nicht
möglich ist. Einerseits erfülle das Chrä-
merhus eine wichtige Funktion hinsicht-
lich des national geschützten Ruswiler
Ortsbildes, andererseits sei es auch be-
züglich seiner Bausubstanz ein wichti-
ger Zeuge einer vergangenen Epoche.
Der Gemeinderat hält
an seiner Strategie fest
Das Chrämerhus ist damit der Knack-
punkt der Dorfkernerneuerung. «Dass
es nicht abgerissen werden darf, ist in
der Bevölkerung umstritten», sagt Mo-
ser. Dem versucht der Gemeinderat, der
trotz neuer Ausgangslage an seiner
Strategie festhält, entgegenzuwirken. In
einer kürzlich erschienenen dreiteiligen
Artikelserie im «Anzeiger vom Rottal»
wurde die Geschichte des Chrämerhus
erzählt und dessen Bedeutung aufge-
zeigt. Für den Ruswiler Gemeinderat ist
klar: Die Totalsanierung des Chrämer-
hus ist untrennbar mit der gesamten
Dorfkernerneuerung verbunden. «Eine
Abkehr von dieser Strategie hätte zur
Folge, dass für die Gemeinde auf Jahre
hinaus jede Einflussnahme im Ortskern
verloren ginge.»
Dass die langersehnte Dorfkernerneue-
rung bald zustande kommt, hofft natür-
lich auch der Ortskernbeauftragte. Trotz
der derzeitigen Unsicherheit zieht er
eine positive Zwischenbilanz seiner Tä-
tigkeit. «Dank frühzeitiger Einbindung
der verschiedenen Akteure konnten an-
gepasste Lösungen gefunden und Kon-
flikte und Blockaden vermieden wer-
den.» Für Moser steht fest: «Es braucht
ein gemeinsames Vorgehen.»
Philippe Blatter
So soll das Dorfzentrum von Ruswil in Zukunft
Bild: Architektenbüro Lussi+Halter Partner AG
aussehen. Links der Bildmitte das denkmalgeschützte Chrämerhus.