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Von rezidivierenden Harnwegsin-

fektionen spricht man, wenn

mindestens zwei symptomatische

Episoden pro Halbjahr oder mindes-

tens drei Ereignisse pro Jahr

auftreten. Mit einer Inzidenz von

ein bis fünf Prozent bei jungen

Frauen ohne sonstige relevante

Begleiterkrankungen stellt die

rezidivierende Zystitis eine sehr

häufige Erkrankung dar. [1]

Mannose- und Cranberry-Produkte sollen

die Adhäsion von Bakterien an der Blasen-

wand verhindern. Bakterien tragen auf

der Zelloberfläche sogenannte Adhäsine,

die es ihnen ermöglichen, sich an Zellen

oder Strukturen des jeweiligen Wirtes an-

zuheften. Wird die Bindungsstelle bei-

spielsweise in der Harnblase durch gelöste

Mannose besetzt, wird die Adhäsion des

Bakteriums an das Epithel der Blase er-

schwert bzw. verhindert.

Mannose

Bei D-Mannose handelt es sich um einen

Einfachzucker, der fast vollständig, unver-

stoffwechselt über den Urin ausgeschie-

den wird. Nach der aktualisierten Leitlinie

Häufig rezidivierende Zystitis der Frau

Mannose und Cranberry in der Selbstmedikation

Aktuellste Studie an 308 Frauen

Die Empfehlung basiert auf der aktuells-

ten, im Jahre 2014 veröffentlichten dreiar-

migen prospektiven, kontrollierten Studie

an 308 Frauen zur Prävention von rezidi-

vierenden Harnwegsinfektionen über 6

Monate [2]. Verglichen wurde die tägliche

Einnahme von 50 mg Nitrofurantoin ge-

genüber 2 g D-Mannose in einem Glas

Wasser und die dritte Gruppe erhielt kein

Scheinmedikament. Nach sechs Monaten

war in der D-Mannose-Gruppe bei 14,6

Prozent der Patientinnen erneut ein Harn-

wegsinfekt aufgetreten. In der Nitrofu-

rantoin-Gruppe war dies bei 20,4 Prozent

der Frauen der Fall, im Vergleich zu 61 Pro-

zent in der unbehandelten Kontrollgrup-

pe. Die Einnahme von D-Mannose war

laut dieser Studie einer Langzeitpräventi-

on mit Nitrofurantoin gleichwertig und

Wissen für

die Praxis

Die Harnwegsinfektion (HWI)

ist die häufigste

bakteriell verursachte Entzündung. Frauen sind

dabei deutlich häufiger betroffen als Männer. Jede

zweite Frau erkrankt einmal in ihrem Leben an einer

Zystitis. Foto: ©leszekglasner -

stock.adobe.com

verursachte signifikant weniger Neben-

wirkungen.

Allerdings zeigt die Studie einige me-

thodische Schwächen auf, und die Ergeb-

nisse müssen mit Vorsicht interpretiert

werden. Zunächst ist die Anzahl der einge-

schlossenen Teilnehmer relativ gering, so

dass das Ergebnis möglicherweise verzerrt

sein könnte. Außerdem handelt es sich

nicht um eine doppelblinde, placebokont-

rollierte Studie. Sowohl die Ärzte als auch

die behandelten Patientinnen wussten,

welche Behandlung angewendet wurde,

wodurch die Angabe von Nebenwirkun-

gen (Nocebo-Effekt) beeinflusst sein

könnte. Da nicht gegen Placebo verglichen

wurde, kann auch nicht beurteilt werden,

ob der beobachtete Effekt allein auf die

eingesetzten Wirkstoffe zurückzuführen

ist oder darauf beruht, dass eine Behand-

lung durchgeführt wurde.

Wirksamkeit „nicht überzeugend“

Auch die Autoren der Datenbank UpToDa-

te bewerten „die veröffentlichten Daten

über dieWirksamkeit von D-Mannsose bei

der Prävention einer Zystitis als spärlich

und nicht überzeugend. Außerdem sei da-

rüber hinaus nicht bekannt, welche Urin-

Konzentrationen von D-Mannose protek-

AKWL

Mitteilungs

blatt

01-2018 /

13

APOTHEKENBETRIEB

„Epidemiologie, Diagnostik, Therapie, Prä-

vention und Management unkomplizier-

ter, bakterieller, ambulant erworbener

Harnwegsinfektionen bei erwachsenen

Patienten“ vom 30. April 2017 kann D-

Mannose bei häufig rezidivierender Zysti-

tis der Frau zur prophylaktischen Anwen-

dung empfohlen werden (Empfehlungs-

grad C; Evidenzgrad Ib) [1].