mit der Suppenschüssel über die
Straße zu gehen. So schickten
sie oft ihre Mägde, was begreif-
licherweise zu Nachlässigkeiten
führte. So tauchte der Gedanke
auf, ihnen für diesen Zweck ei-
gens ausgebildete Mädchen zur
Verfügung zu stellen. Die erste, die
sich dazu anbot, war ein Bauern-
mädchen, Marguerite Naseau. Sie
lebte sich schnell ein und machte
ihre Sache ganz geschickt. Bald
darauf wünschten sich die Damen
anderer Pfarreien ebensolche Ge-
hilfinnen und baten mich darum. Es
fanden sich immer mehr Mädchen
ein. Frau le Gras bat ich, ihre Lei-
tung zu übernehmen und sie in der
Frömmigkeit und im Krankendienst
zu unterweisen.“
‚Filles de la Charité‘
Ende 1633 nahm Louise einige
der Mädchen in ihr Haus auf. Im
Grunde war dies der Anfang jener
‚Filles de la Charité‘, der ‚Töchter
der christlichen Liebe‘, die heute
im Allgemeinen Vinzentinerinnen
genannt werden. Eine neue Form
religiöser Lebensgemeinschaft von
Frauen, ohne Klausur und einheitli-
cher Ordenstracht entstand – man
trug die Tracht bretonischer Land-
mädchen samt der lange kenn-
zeichnenden Flügelhaube. Man
musste sozusagen frei sein, um
dorthin zu gehen, wo die Not am
größten war.
„Seien sie vor allem freundlich und
mitfühlend mit den Armen, und
wir sollen sie herzlich lieben, sie
aus allen Kräften ehren“, das gab
Louise von Marillac als eine Devise
den Töchtern mit auf den Weg. Die
Lebensweise wurde erprobt und
von Vinzenz und Louise zu einer
Regel zusammengefasst. Bis zu
ihrem Tode am 15. März 1660 lei-
tete Louise die Kongregation. Sie
wurde 1920 selig- und schließlich
1934 heiliggesprochen.
Wolfgang Allhorn
Die Vinzentinerinnen
1871 kamen die Vinzentinerinnen
in den damals noch nicht zur Stadt
Köln gehörigen Vorort Nippes, der
in dieser Zeit mehr und mehr von
den Lebens- und Arbeitsbedin-
gungen der aufkommenden Indus-
trialisierung geprägt wurde. Bis zur
Übersiedlung der Schwestern gab
es in Nippes keine angemessene
Gesundheitsfürsorge für die da-
mals 4.600 Einwohner.
Unter diesen Umständen setzte die
Tätigkeit der Vinzentinerinnen ein:
An der Merheimer Straße erwarben
sie ein Grundstück zum Bau eines
Klosters, das auch als Mutterhaus
eingerichtet wurde. Sie betrieben
ambulante Krankenpflege, nahmen
Waisenkinder auf und eröffneten
eine Elementar- und Nähschule
für Mädchen. 1874 erhielt die
Gemeinschaft die Genehmigung
zur stationären Krankenpflege als
‚Privat-Krankenanstalt‘ – die Vor-
läuferin des heutigen St. Vinzenz-
Hospitals.
Die Louise von Marillac-Schule –
Katholische Bildungsstätte für
Berufe im Gesundheitswesen –
befindet sich seit Ende 2014 in
ihrem neuen Schulhaus an der
Simon-Meister-Straße in Köln-
Nippes. Nach dem ersten Domizil
im ehemaligen Provinzialmutter-
haus der Vinzentinerinnen wurde
nebenan das denkmalgerecht
sanierte Schulhaus der ehema-
ligen Mädchen-Volksschule samt
einem Neubau bezogen. Ins-
gesamt stehen nun 2.500 qm für
den Schulbetrieb zur Verfügung.
5,5 Millionen Euro wurden für den
Um- und Neubau aufgewendet.
Die gemeinsame Trägerschaft der
größten Schule dieser Zielrichtung
in Köln liegt bei der Hospitalver-
einigung St. Marien GmbH als Ein-
richtung der Stiftung der Cellitinnen
zur hl. Maria, dem Stiftung der
Cellitinnen e.V. und der Malteser
Rhein-Sieg gGmbH. Die Bildungs-
stätte besteht seit 2002 als Zusam-
menschluss der bis dahin bereits
bestehenden kleineren Kranken-
pflegeschulen der beteiligten
Träger. Heute stehen 375 Plätze
für angehende Gesundheits- und
Krankenpfleger zur Verfügung.
Dazu kommen 75 Auszubildende
in der Altenpflege.
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CellitinnenForum 1/2017
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