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die Bahn mal wieder zu spät kommt

oder wir im wöchentlich wieder-

kehrenden Montagmorgenstau ste-

cken, kommen wir mit noch so viel

Aufregung und Gehupe auch nicht

schneller ans Ziel. Mit Plan B – ein

Plausch mit anderen Wartenden,

das Hören eines guten Radiobe-

richtes oder das Schweifen-Lassen

der Gedanken – ließe sich die Wo-

che entspannter beginnen. Die Ge-

lassenheit fordert also dazu auf, uns

auf das Wesentliche zu konzentrie-

ren, aus ‚Mücken keine Elefanten‘

zu machen und Unabänderliches

hinzunehmen.

„Vor allem ist es nötig, sich selbst

richtig einzuschätzen, da wir in der

Regel uns einbilden, mehr zu kön-

nen, als tatsächlich der Fall ist“

(Seneca)

Die Grenzen des Möglichen und

seine eigenen Grenzen zu kennen

und anzunehmen, ist den Stoikern

zufolge der Schlüssel zu einem

glücklichen Leben, das selbstbe-

stimmt und nicht von Reichtum,

Macht, Ansehen und Emotionen

geleitet wird. Diese Selbstakzeptanz

ist nicht zu verwechseln mit Nar-

zissmus; so kreisten weder Seneca

noch Marc Aurel um den eigenen

Bauchnabel. Wir sollen uns viel-

mehr unserer Ecken und Kanten

bewusst werden und einen liebe-

vollen Blick darauf werfen. Dass der

Weg zur Gelassenheit eine Heraus-

forderung ist, die ein Leben lang

trainiert und hinterfragt werden will,

leugneten die Anhänger der Stoa

nicht.

Ohne ein Fundament wie bei Meis-

ter Eckhart kamen auch Griechen

Marc Aurel

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Titel | Thema

CellitinnenForum 3/2018