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Die Erneuerung der Kirche geht
stets damit einher, dass Menschen
nach Vorbild und Auftrag Jesu den
Armen und in Not Geratenen helfen,
dass Ausgegrenzte und Verachtete
wieder Zuspruch und Aufmerksam-
keit erfahren. Für viele Gründer und
Gründerinnen von Ordensgemein-
schaften war dies ein besonderes
Herzensanliegen.
Jean-Joseph Lataste
Das galt auch für den 2012 selig-
gesprochenen französischen Do-
minikanerpater Jean-Joseph La-
taste (1832–1869). Seine Berufung
zum Priestertum, die er bereits als
Kind hatte, ließ sich zunächst nicht
verwirklichen. Als Finanzbeamter in
Bordeaux kam er in Kontakt mit den
von Frédéric Ozanam gegründeten
Vinzenzkonferenzen, einer Laienbe-
wegung, die durch gelebte Nächs-
tenliebe und konkretes Handeln den
vielfach Verelendung auslösenden
Umständen des neuen Industrie-
zeitalters entgegenwirkte. Mit 25
Jahren trat er dann in den Domini-
kanerorden ein und empfing 1863
die Priesterweihe. Im Folgejahr fiel
ihm eine Aufgabe zu, der er sich zu-
nächst eher der Pflicht geschuldet
widmete: Exerzitien für Frauen, die
im Zuchthaus von Cadillac in der
Nähe von Bordeaux inhaftiert wa-
ren. Allerdings musste er seine Vor-
urteile durch die konkrete Begeg-
nung mit den Bestraften revidieren.
Einerseits ging ihm die verzweifelte
Lage dieser Frauen und auch deren
Ausgrenzung und Stigmatisierung
zu Herzen. Andererseits sah er, wie
sehr die Gefangenen offen und be-
reit waren für Reue und Umkehr. Er
hatte ihnen von Maria Magdalena
erzählt, jener Jüngerin Jesu, deren
Person in späterer Zeit von der Bibel
abweichend mit der namenlosen
‚Sünderin‘ und Maria von Bethanien
verschmolzen wurde. Diese Maria
war aber genau das Hoffnungsbild,
das die Frauen ansprach, nämlich
die bedingungslose Annahme und
Vergebung, aber auch die darin
enthaltene Zukunftsperspektive: „In
einer Nacht, in der alle 400 Frauen
mit ihm in der Kapelle beten, kommt
ihm eine Vision – was hat Mag-
dalena eigentlich getan, nachdem
sie Jesus begegnet ist und nun
auch nicht mehr von Prostitution
leben konnte? Nun, sie hatte eine
Schwester in Bethanien, da konnte
sie immer hin zurück…“ So heißt es
in einer Darstellung der Dominikane-
rinnen von Bethanien. Pater Lataste
dachte nun praktisch weiter, ob es
denn ‚solche Schwestern‘ auch für
die aus der Haft entlassenen Frauen
geben könne. Daraus entwickelte
er die Idee für eine Ordensgemein-
schaft, „bei der niemand von außen
erkennen kann“, ob eine Schwester
vormals inhaftiert war oder nicht.
Ordensgründung
Mit Schwester Henri-Dominique
Berthier verwirklichte er 1866 die-
sen Gedanken gegen mannigfache
Widerstände in dem französischen
Ort Montferrand in der Nähe von
Besançon. Nach seinem Tod, drei
Jahre später, wuchs die Gemein-
schaft unter der Leitung von Mutter
Henri-Dominique. Weitere Nieder-
lassungen wurden gegründet. Auch
Frauen aus Deutschland schlossen
sich der Kongregation an. Unmittel-
bar nach dem Beginn des Ersten
Weltkrieges verließen 13 deutsche
Orden vor Ort, Teil V
Die Kongregation der Dominikanerinnen von Bethanien von Venlo
Jean-Joseph Lataste
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CellitinnenForum 4/2015
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