Seit Jahrtausenden – so sagen Re-
ligionswissenschaftler – sehnt sich
die Menschheit nach dem Heiligen.
In der Mythologie, den Erzählungen
Ägyptens ist die Rede von einem
Kind, das kommen wird. Etwa 700
v.Chr. hatte der Prophet Jesaja eine
Vision: „Das Volk, das im Dunkel
lebt, sieht ein helles Licht“ (Jes 9,1).
Und „ … die Jungfrau wird ein Kind
empfangen, sie wird einen Sohn ge-
bären und sie wird ihm den Namen
Immanuel (Gott mit uns) geben“
(Jes 7,14). Als die Zeit erfüllt war,
so berichtet der Evangelist Lukas
(Lk 1,31) brachte der Engel Gabriel
Maria eine göttliche Botschaft: Kraft
des Heiligen Geistes werde sie ein
Kind in ihrem Schoß empfangen.
Sein Name ist Jesus, Gott rettet.
Die Weihnachtsgeschichte, die Ge-
schehnisse um die Geburt des Kin-
des, werden von den Evangelisten
im Licht von Ostern, in ihrem Jubel,
in ihrer Begeisterung gesehen. Da
liegt in dunkler Nacht das kleine Kind
im Stall von Bethlehem in einer Fut-
terkrippe. Engel singen über den
Fluren von Bethlehem ihr ‚Ehre sei
Gott und Friede den Menschen auf
Erden‘. Hirten kommen und beten
an. Weise aus fernen Ländern, ge-
führt von einem Stern, bringen ihre
Gaben.
Jesus wurde geboren zur Zeit des
römischen Kaisers Augustus. Die
Volkszählung, zu der die schwan-
gere Maria und Josef gingen, ist
historisch. „Die Menschwerdung
Jesu“, so Papst Benedikt XVI, „ist
kein Mythos, sie ist Realität.“
Was macht Weihnachten so bedeu-
tend? Was rührt Menschen unserer
Tage am Weihnachtsfest an? Für
eine Reihe von ihnen, die in der
westlichen Kultur leben, ist es heute
ein Fest mit Licht und Dunkelheit,
mit Kerzen und Tannen. Das kleine
Kind in der Krippe ruft Emotionen
hervor. Man trifft sich mit der Familie
und Freunden zu einem köstlichen
Mahl. Vielleicht noch die Christmette
mit jubelnder Musik.
Was sagt der christliche Glaube zum
Weihnachtsfest? Er verinnerlicht,
was die Evangelisten sagen, sieht
alte Bräuche und den Glauben des
Herzens. Im Mittelpunkt steht das
göttliche Kind. Die zweite Person
Gottes, der ‚Logos‘, so der Evan-
gelist Johannes, ist Mensch gewor-
den. Gott tritt aus seiner Ewigkeit in
unsere Zeit. Mit der Geburt dieses
Kindes ist eine große Hoffnung
verbunden. Es hat eine weltver-
ändernde Botschaft. Es wird, heran-
gewachsen, die Menschen lehren,
dass sie einen ‚Vater‘ im Himmel
haben. In Gleichnissen wird Jesus
erklären, dass Gott den Menschen
sucht, ihn unendlich liebt. In diesem
Kind ist Gott den Menschen sehr
nahe. Dieser Jesus wird durch Kreuz
und Auferstehen die Menschen von
Schuld und vom Tod erlösen.
Manche sagen: „Musste Gott denn
Mensch werden?“ Der Versuch einer
Antwort lautet: Durch die Mensch-
werdung Jesu wurde Gott anfass-
bar. Liebe wurde am Kreuz getan,
nicht nur von dieser gesprochen.
Jesus hat die Menschheit erlöst.
Er hat eine Botschaft für sie: „Ein
neues Gebot gebe ich euch: Liebt
einander! Wie ich euch geliebt habe,
so sollt auch ihr einander lieben“
(Joh 13,34).
So können wir in der Weihnachts-
messe voller Dankbarkeit beten: Ein
Kind ist uns geboren, ein Sohn ist
uns geschenkt, auf seinen Schultern
ruhet Herrschermacht (vgl. Jes 9,5)
und singen „in seine Lieb versenken
will ich mich ganz hinab.“
Das ist christliche Weihnacht. So
lasst uns Weihnachten feiern!
Dr. Marianne Breuer
Ein Kind ist uns geboren
Meditation zur Weihnachtszeit
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CellitinnenForum 4/2015
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