Vorstellung macht, w ie schwierig es ist, für unter*
drückte Juden sein Wort einzulegen. Man begegnet
nicht unterdrückten Juden auf seinem Weg. Ich
schrieb für die rumänischen Juden. Der Aufsatz
wurde der
Alliance Israelite
in Paris zur Veröffent*
lichung übergeben. Sie scheiterte daran, dass man
meinem Übersetzer nicht 150 francs geben wollte.
(Ich selbst verlangte nichts, nur die 150 Francs für
ihn). Der Aufsatz sollte in einem grossen öster*
reichischen Blatt, worin ich damals sonst sehr o ft
schrieb, deutsch veröffentlicht werden. Er blieb
liegen. A ls Vorwand diente, dass man schon viel
Blatt*Stoff liegen hatte. D ie w irkliche Ursache
schien finanzielles Verhältnis zur rumänischen Re*
gierung zu sein.
In den letzsten Jahren hat sich meine A u f fass*
ung der jüdischen Fragen sehr geändert. D ie Juden
Westeuropas kommen nach meiner Ansich t fast
nicht in Betracht. Nur in Osteuropa gibt es jüdi*
sehe Volksmassen, in denen grosse schöpferische
Kräfte schlummern, und die haben ein Recht, den
Versuch zu machen, sich als eine N a tion auf eige*
nem Boden zu konstituieren. Ich verstand und
wusste dies vor 23 Jahren nicht. A ls Herzl mit
seinem Buch
Der Judenstaat
mir schrieb und nach
meiner Meinung fragte, erwiderte ich scherzend
mit folgender Anekdote: »Friedrich W ilhelm der
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