Liebe Leserinnen, Liebe Leser,
Pflegenotstand – in den Medien stoßen wir regelmäßig auf Berichte und
Debatten über die Personalnot in Kliniken und Senioreneinrichtungen. Daher
wollen wir diese Ausgabe intensiv diesem Thema widmen. Natürlich gehen
die vielfältigen Probleme auch an unseren Einrichtungen nicht spurlos vorü-
ber. Wir würden beispielsweise gerne mehr qualifizierte Mitarbeiter einstellen,
doch der Markt an Pflegefachkräften ist praktisch leer gefegt.
In den letzten Jahren wurde seitens der Gesundheitspolitik trotz dieser abseh-
baren Entwicklungen immer nur an den Symptomen herumgedoktert. Dabei
wird meines Erachtens die gesellschaftliche Diskussion: Was ist uns eine
gute Pflege für unsere alternde Gesellschaft wert?, wenn überhaupt, dann
nur halbherzig geführt. Hierzu möchte ich einen Gedankenanstoß leisten.
In den nächsten Jahrzehnten werden aufgrund der demografischen Entwicklung in Deutschland immer mehr
Pflegekräfte für immer mehr ältere Menschen benötigt. Insofern ist es eine der zentralen gesellschaftlichen Aufga-
ben, junge Menschen für den Pflegeberuf zu begeistern. Selbst das Anwerben von Pflegekräften aus dem Ausland
und eine zunehmende Digitalisierung bis hin zum Einsatz von Pflegerobotern können meiner Meinung nach diese
Entwicklung nicht vollständig kompensieren.
Mit dem Wegfall des Zivildienstes Mitte 2011 wurde jungen Männern die Chance genommen, die Kranken- und
Altenpflege kennenzulernen. Vielen Karrieren in Kliniken und Seniorenhäusern liegen nämlich 15 -18 Monate Zivil-
dienst zugrunde. „Was kann ich gut, wo liegen meine Interessen?“ – Direkt nach dem Schulabschluss, mit 16, 17
oder 18 Jahren, sind heute viele Jugendliche mit diesen Fragen und dem großen Angebot an Ausbildungs- und
Studienmöglichkeiten heillos überfordert; die Abbrecherquoten sprechen da eine deutliche Sprache.
Viele schieben die Entscheidung „Was will ich werden“ auf. Sie gehen erst einmal für mehrere Monate ins Ausland
und hoffen, dort eine Idee für ihre berufliche Zukunft zu bekommen. Wäre es da nicht sinnvoller, die jungen Männer
und Frauen noch ein weiteres Jahr zu begleiten und ein für alle verbindliches ‚Soziales Jahr‘ einzuführen? Dies
wäre ein beachtenswerter Beitrag dieser Generation für unsere Gesellschaft. Auf einen Schlag wären viele helfen-
de Hände da, das Generationenverständnis würde befördert und ganz nebenbei kämen alle mit dem Sozial- und
Gesundheitswesen nachhaltig in Kontakt. Jedenfalls bestünde so die Möglichkeit, dass sich viele vom Pflegeberuf
inspirieren lassen und eine Ausbildung beginnen. Es besteht Handlungsbedarf – dringend!
Thomas Gäde
Geschäftsführer
der Stiftung der Cellitinnen zur hl. Maria
Editorial
3
CellitinnenForum 2/2018