Bereits heute seien 15.000 Pfle-
gestellen im Krankenhaus nicht
besetzt, gab vor einigen Wochen
der Hauptgeschäftsführer der Deut-
schen Krankenhausgesellschaft,
Georg Baum, bekannt. Im Durch-
schnitt dauert es fünf Monate, eine
offene Pflegestelle in Kliniken oder
Seniorenhäusern zu besetzen. Man
muss schon Besonderes bieten,
um geeignete Kräfte zu bekommen.
Das CellitinnenForum sprach mit
Angela Kauffmann und Katharina
Finke, beide aus der Strategischen
Personalentwicklung der Stiftung
der Cellitinnen zur hl. Maria, und
Almut Behrens, Leiterin des Perso-
nalmanagements der Seniorenhaus
GmbH der Cellitinnen zur hl. Maria.
Frau Behrens, der viel zitierte Pfle-
genotstand ist in der Altenpflege
noch gravierender als in den Klini-
ken. Wie kommt das?
Zum einen hat die Altenpflege ein
Imageproblem, mehr noch als die
Gesundheits- und Krankenpflege.
Schlechte Bezahlung, unsägliche
Arbeitsbedingungen – wir kennen
die Vorurteile. Zum anderen kom-
men junge Menschen kaum mit
unseremBeruf in Berührung, sofern
sie nicht ein Praktikum oder Frei-
williges Soziales Jahr (FSJ) machen
oder Verwandte in einer Einrichtung
haben. Bis vor einigen Jahren hat-
ten wir viele Zivildienstleistende, die
über diesen Weg einen Zugang zur
Altenpflege bekamen. Die FSJler
fangen die ‚Zivis‘ nicht auf. Ich ver-
spreche mir Einiges von der neu-
en Ausbildungsordnung. Ab 2020
werden alle Pflegeschüler nach
demselben Lehrplan ausgebildet.
Viele werden überrascht sein, wie
vielseitig und anspruchsvoll die Al-
tenpflege ist. Besonders diejenigen,
denen die soziale Bindung zu den
Menschen wichtig ist, sind in der
Altenpflege richtig.
Frau Kauffmann, was ist denn dran
an den Vorwürfen der schlechten
Arbeitsbedingungen?
Aus der Sicht vieler Mitarbeiter liegt
das Problem nicht in der Bezahlung
der Pflegekräfte in den Kliniken. In
der Altenpflege hofft man allerdings
seit Jahren auf Anpassungen. Da
müssen die Kostenträger, also die
Pflegeversicherungen dringend
nachbessern. Worüber sich die
Mitarbeiter mehr aufregen, ist der
knappe Stellenbesetzungsplan.
Politik und Tarifpartner sind an die-
ser Stelle dringend gefordert. Die
Geschäftsführer und Pflegedirek-
toren würden gerne mehr Mitarbei-
ter einstellen, doch die finanziellen
Mittel lassen das nicht zu. Wäre die
Situation entspannter, hätte der Be-
ruf auch ein besseres Image.
Wie gehen Sie in den Einrichtungen
mit den knappen Ressourcen an
Geld, Stellen und Fachkräften um?
Kauffmann: In den Kliniken setzen
wir uns beispielsweise mit dem
Thema ‚Skillmix‘ auseinander: Um
auf den Stationen eine gute Patien-
tenversorgung zu gewährleisten,
wird geprüft, wer dort welche Arbei-
ten übernimmt, um die Pflegekräf-
te zu entlasten. In einigen Kliniken
haben wir das System der ‚Prima-
ry Nurse‘ eingeführt. Jede Pflege-
fachkraft ist für eine bestimmte
Anzahl an Patienten verantwort-
lich. Sie entwickelt den Pflegeplan,
Ein Beruf mit Perspektive
Karrierechancen werden unterschätzt
(v. li.) Almut Behrens, Katharina Finke und Angela Kauffmann
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CellitinnenForum 2/2018