Spahn verspricht, die Pflegeberufe
attraktiver machen zu wollen, Fach-
kräfte aus den Nachbarländern ein-
zuladen, er gleichzeitig die Ausbil-
dungskapazitäten erhöhen und die
Ausbildungsreform (Generalistische
Ausbildung) schnellstmöglich um-
setzen möchte und Pflegende, die
nicht mehr in ihrem Beruf arbei-
ten, über entsprechende Anreize
zurückgewinnen will, greifen diese
Maßnahmen bestenfalls mittelfristig.
Trotzdem drohen den Kliniken be-
reits ab 2019 Sanktionen wie Ver-
gütungsabschläge oder Veröffent-
lichungspflicht, sollten sie die noch
festzulegenden Mindestgrenzen
unterschreiten. Wie verhalten sich
die Krankenhäuser dann in Notsi-
tuationen wie Grippewellen? Sind
zu viele Mitarbeiter krank wie in die-
semWinter, müssten Patienten auf
andere Kliniken verteilt werden.
Im schlimmsten Fall droht gar
die Schließung ganzer Sta-
tionen. Doch was passiert,
wenn in den umliegenden
Krankenhäusern eben-
falls zu wenige Pfle-
gekräfte einsatzfähig sind? Die
nächste Frage, die sich in diesem
Zusammenhang aufdrängt: Was
ist, wenn die Krankenkassen die
Personaluntergrenzen auf Dauer
als Obergrenzen definieren und die
Vergütung der Kliniken danach aus-
richten? Ist eine angemessene Ver-
sorgung der Patienten dann noch
gewährleistet?
Pflegebudget
Noch umstrittener ist das im Ko-
alitionsvertrag vereinbarte Pfle-
gebudget. Seit 2004 werden die
Klinikleistungen von den Kranken-
kassen nach diagnosebezogenen
Fallgruppen und nicht mehr nach
Liegezeiten vergütet. Die Pauscha-
len decken die Betriebskosten ab,
also Operations-, Personal-, Pfle-
gemittel- und Unterbringungskos-
ten. Indem die Politik nun die Pflege
aus diesem System herauslöst und
mit einem eigenen Budget ausstat-
tet, möchte sie den Finanzierungs-
druck von diesemBereich nehmen.
Vier Jahre, bis 2008, dauerte die
Umstellung in das System der Fall-
pauschalen, von der man sich mehr
Transparenz und eine effizientere
Haushaltsplanung versprach. Eine
erneute Systemumstellung macht
nur Sinn, wenn das Pflegebudget
auch mit ausreichenden Mitteln
ausgestattet wird, also auch Lohn-
erhöhungen und ausreichend Mit-
arbeiter pro Station berücksichtigt.
Außerdem ist noch nicht geklärt,
welche Mitarbeiter überhaupt zur
Pflege zählen. In den letzten Jahren
wurden nämlich wegen der geringen
Budgeterhöhung immer mehr ur-
sprüngliche Pflegetätigkeiten auf an-
dere, geringer vergütete Mitarbeiter
verlagert. Werden beispielsweise die
sogenannten ‚Hol- und Bringediens-
te‘, die die Pflegefachkräfte entlas-
ten, indem sie die Patienten zu den
OPs fahren und wieder abholen, aus
dem Pflegebudget finanziert oder
weiterhin aus den Fallpauschalen?
Folgerichtig gehören diese Kosten
in das Pflegebudget, die Kranken-
kassen sehen das allerdings nicht
so. Allein an diesem Beispiel wird
deutlich, welche Brisanz das Thema
hat und worüber sich Politik, Klini-
ken und Krankenkassen noch einig
werden müssen.
Bundesländer kommen ihren
Verpflichtungen nicht nach
Pflegebudgets und Personalmin-
destgrenzen packen das eigentliche
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