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Meldungen bieten einen Mehrwert,
wenn sie zu konstruktiven Reaktionen
führen.
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Fehlermeldesysteme erfordern Fach-
kenntnis sowie personelle und finanzi-
elle Ressourcen.
Engagierte Vertreter aus verschiedenen
Bereichen des Gesundheitswesens grün-
deten 2005 das „Aktionsbündnis Patien-
tensicherheit“ (APS). Das Bündnis fördert
anhand von Fachexperten und Arbeits-
gruppen die wissenschaftliche Forschung
zur Verbesserung der Patientensicherheit
sowie zur Verminderung von Behand-
lungsfehlern, unterstützt praktische Pro-
jekte und entwickelt Handlungsempfeh-
lungen. Im Jahr 2006 erarbeitete das APS
„Empfehlungen zur Einführung von CIRS
im Krankenhaus“. Weiterhin unterstützt
es das Projekt „CIRSforte“, das 2017 be-
gonnen hat. Das Projekt CIRSforte soll der
Fortentwicklung von Fehlerberichts- und
Lernsystemen (CIRS) für die ambulante
Versorgung zu einem implementierungs-
reifen System dienen.
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Nach der „Richtlinie des Gemeinsa-
men Bundesausschusses über grundsätz-
liche Anforderungen an ein einrichtungs-
internes Qualitätsmanagement“, die am
16. November 2016 in Kraft getreten ist,
gehören Fehlermeldesysteme auch für
Vertragsärzte, Vertragspsychotherapeu-
ten, medizinische Versorgungszentren,
Vertragszahnärzte sowie zugelassene
Krankenhäuser zum Mindeststandard des
Risikomanagements. Sie werden als eta-
blierte und praxisbezogene Bestandteile
des Qualitätsmanagements verstanden
und sind als Instrument des Fehlerma-
nagements verpflichtend anzuwenden.
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Aus Fehlern und kritischen Ereignissen
lernen
Die Einführung des CIRS in das Gesund-
heitswesen verdeutlicht einen Perspek-
tivwechsel im Umgang mit Fehlern und
kritischen Ereignissen. Wurden sie vorher
verschwiegen und aus Angst vor Konse-
quenzen nicht offen zur Sprache gebracht,
so sollen sie nun offen dargelegt werden.
Dahinter verbirgt sich der Kerngedanke,
dass Fehler und kritische Ereignisse auch
Lernchancen bieten.
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Durch ihre systematische Analyse können
wertvolle Erkenntnisse erzielt werden, die
wiederum zur Einleitung von präventiven
Maßnahmen, zur Verbesserung organisa-
torischer Prozesse und zur Entwicklung
von Lösungsstrategien beitragen. Jedes
sicherheitsrelevante, kritische Ereignis im
Gesundheitssystem kann genutzt wer-
den, um die Patientensicherheit in Zu-
kunft zu erhöhen.
CIRSmedical.de
CIRSmedical.de stellt ein Critical Inci-
dent Reporting System aus dem Gesund-
heitswesen dar. Es ist ein anonymes Be-
richts- und Lernsystem der deutschen
Ärzteschaft für kritische Ereignisse in
der Medizin. Dieses System ist seit 2005
in Betrieb und stellt einen Teil der Quali-
tätssicherungsmaßnahmen der Bundes-
ärztekammer und der Kassenärztlichen
Bundesvereinigung dar. Organisiert wird
es vom Ärztlichen Zentrum für Qualität in
der Medizin (ÄZQ).
Das ÄZQ hat in den letzten Jahren in
Zusammenarbeit mit verschiedenen Pro-
jektpartnern auch weitere, spezifische
Berichtsgruppen eingerichtet, weshalb
sich aus der ursprünglichen Berichtsgrup-
pe CIRSmedical.de mittlerweile das Netz-
werk CIRSmedical.de mit 126 Kliniken und
12 Organisationen des Gesundheitswe-
sens gebildet hat.
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Die Berichte aus den
einzelnen CIRS-Gruppen können sowohl
in der gemeinsamen Datenbank CIRSme-
dical.deals auch in den anderen Daten-
banken des CIRSmedical.de-Verbundes
veröffentlicht werden.
CIRS-Pharmazie NRW
Ein weiteres CIRS aus dem Gesundheits-
wesen ist CIRS-Pharmazie NRW (Abbil-
dung 4). Eswurde imMai 2016auf gemein-
same Initiative der Apothekerkammern
Nordrhein (AKNR) und Westfalen-Lippe
(AKWL) hin speziell für ApothekerInnen
und pharmazeutische Gesundheitsberu-
fe in Apotheken gegründet.
CIRS-Phar-
mazie NRW ist als spezifische Berichts-
gruppe an das Netzwerk CIRsmedical.de
angeschlossen.
Die Arzneimitteltherapie und der
Medikationsprozess stellen einen Hoch-
risikoprozess dar. Die Mitarbeiter einer
Apotheke sind am Medikationsprozess
maßgeblich beteiligt. Zur Verbesserung
der Arzneimitteltherapiesicherheit bieten
Fehlerberichts- und Lernsysteme einen
systematischen Ansatz.
Das internetgestützte Fehlerberichts-
und Lernsystem CIRS-Pharmazie NRW
bietet einen relativ niedrigschwelligen
Ansatz zur Beschäftigung mit der Arz-
neimitteltherapiesicherheit und liefert
nichtsdestotrotz einen wichtigen Beitrag
zum Risikomanagement in Apotheken.
Die Mitarbeiter können hier Medikations-
fehler und „Beinahe“-Medikationsfehler
der Schnittstellen Arztpraxis, Apotheke
und Patient anonymmelden.
Seit dem Start imMai 2016 sind etwa
80 Fehlerberichte imCIRS-PharmazieNRW
eingegangen (einzusehen unter www.
cirs-pharmazie.de). Dokumentiert wurden
u. a. Fehler bei der Abgabe von Arzneimit-
teln (Rezeptbelieferung und Selbstmedi-
kation), im Rahmen der Rezepturherstel-
lung, bei ärztlichen Verordnungen, auf
Seiten der Patienten sowie bei der Kom-
munikation oder Verständigung zwischen
den am Medikationsprozess beteiligten
Personen. Eine Übersicht der Fehlerberei-
che, die im Rahmen einer Auswertung der
bisher eingereichten Fallberichte identifi-
ziert wurden, zeigt Abbildung 5. Demnach
wurde vor allem über Fehler bei der Abga-
be von Arzneimitteln und am häufigsten
von Fehlern, die innerhalb der Apotheke
stattfanden, berichtet.
Die eingegangenen Berichte bei CIRS-
Pharmazie NRW werden vom CIRS-Team
der Apothekerkammer Nordrhein und der
Apothekerkammer Westfalen-Lippe zu-
erst anonymisiert, dann analysiert, kom-
mentiert und am Schluss veröffentlicht.
Konkrete Fallbeispiele schaffen das
Bewusstsein, „Das könnte genauso auch
bei uns passieren“ und vermögen die
Beteiligten des Medikationsprozesses
zu sensibilisieren, so dass Medikations-
fehler unter Umständen gar nicht erst
ABBILDUNG 4:
CIRS-Pharmazie NRW –
Ein Fehlerberichts- und Lernsystem für
die Apothekerschaft
8
/ AKWL Fortbildung Aktuell – Das Journal
MEHR ARZNEIMITTELTHERAPIESICHERHEIT IN DER APOTHEKE