Zuwendung und die Qualität der Eltern-
Kind-Beziehung wesentlich dazu betrug,
dass die Adhärenz der Jugendlichen in
der kritischen Umbruchphase weniger
abnahm.
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Hilfreich ist, familienintern klare Re-
geln festzulegen, welche Verantwortlich-
keitenbestehenundwannund inwelchem
Umfang – konstruktiv
und
respektie-
rend – über die Erkrankung und deren The-
rapie gesprochen wird. Beispielsweise
können täglich abgehaltene, zehnminü-
tige „Diabetesbesprechungen“ die Situ-
ation für alle Beteiligten entspannen. In
diesem Rahmen können Messwerte und
aktuelle Probleme besprochen werden. Im
Gegenzug vereinbart man, im sonstigen
Tagesverlauf nicht über die Erkrankung zu
reden (außer natürlich im Akutfall), „ner-
vende“ Zwischenfragen der Eltern finden
ebenso wenig statt, wie aggressiv-ab-
wehrende Reaktionen der Jugendlichen.
Hilfreich kann unter Umständen auch die
Nutzung von Smartphone-Apps zur Blut-
zuckerdokumentation sein, bei denen Er-
ziehungsberechtigte per Online-Portal die
Möglichkeit haben, die erfassten Daten
einzusehen. Auch können sensorbasier-
te Glukosemesssysteme (kontinuierliche
Glukosemessung, CGM) eine gravierende
Erleichterung bei der Blutzuckermessung
bedeuten. Die Reflexion der Werte und
Anpassung des Verhaltens bleibt aber wei-
terhin erforderlich.
Gemeinsam – nicht gegeneinander
Eltern und Jugendliche sollten gemeinsam
Absprachen zu realistischen Therapiezie-
len treffen, auch hilft es nicht, HbA1c-Wer-
te streng wie Noten zu betrachten. Hinge-
gen sind Belohnungen bei therapietreuem
Verhalten erlaubt und förderlich. Pädiater
der Universität von Pennsylvania konn-
ten in einer Studie mit jugendlichen Typ-
1-Diabetikern und ihren Eltern zeigen, dass
eine gemeinsame Entscheidungsfindung
bezüglich der Therapie (z. B. debattierend,
unter Aufzeigen von Möglichkeiten durch
die Eltern, Gedankenaustausch) zu einer
besseren Einschätzung der eigenen Adhä-
renz durch die Jugendlichen führte.
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Die
Adhärenz konnte noch weiter gefördert
werden, wenn Jugendliche dazu ermutigt
wurden,
• im Alltag mit ihren Eltern krankheitsbe-
zogene Informationen auszutauschen/
preiszugeben (z. B. „Gerade fühle ich
mich unterzuckert.“),
• um Rat zu fragen,
• aber auch ihre eigene Meinung zu ver-
treten (z. B. „Ich sollte besser direkt mei-
nen Blutzucker messen und meine Insu-
lindosis anpassen“),
so dass Eltern an diesen Stellen unterstüt-
zend Feedback geben konnten. Mischten
sich Eltern aber zunehmend ein, indem
sie beispielsweise den Jugendlichen ih-
ren Standpunkt aufzwangen, führte dies
zu einer von den Eltern eingestuften
schlechteren Adhärenz der Jugendlichen.
Bei sehr starken Eltern-Kind-Konflikten
oder sehr schlecht eingestelltem Diabetes
empfiehlt sich der (manchmal auch nur
vorübergehend erforderliche) Besuch ei-
nes „Diabetes-Internats“ im Rahmen einer
Langzeitrehabilitation (siehe Kasten). In
Deutschland gibt es ca. sechs Einrichtun-
gen, in der die Betroffenen neue Lebens-
qualität erfahren und fernab der Eltern
unter Gleichgesinnten den Umgang mit
ihrer Krankheit neu erlernen können.
Therapieziel verfehlt
Wie schlecht steht es nun um die Blutzu-
ckerwerte der jungen Typ-1 Diabetiker?
Erschreckende Ergebnisse zu ihrer Stoff-
wechseleinstellung brachte eine große
amerikanische Studie zutage (siehe Tabel-
le 1). Hier erreichten nur 21 Prozent der Ju-
gendlichen zwischen 13 und < 20 Jahren
(n=7303) das von der American Diabetes
Association (ADA) gesteckte HbA
1c
-The-
rapieziel von < 7,5 Prozent, welches zur
Vermeidung von Folgeerkrankungen ein-
gehalten werden sollte.
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Dabei konnte
interessanterweise kein signifikanter Un-
terschied in Abhängigkeit von der Insulin-
Applikationsweise festgestellt werden;
18 Prozent der Jugendlichen erzielten mit
herkömmlicher Spritzentechnik das HbA
1c
-
Ziel und leider nur 24 Prozent unter Ver-
wendung einer Insulinpumpe. Vieles
spricht also dafür, dass auch unter dem
Einsatz verbesserter Technologien eine
optimale Blutzuckereinstellung in dieser
Altersgruppe nicht zwangsläufig gelingt
und es ein Trugschluss wäre, Insulinpum-
pen als Lösung des Adhärenzproblems
anzusehen.
Zum Vergleich: 50 Prozent der Kinder
zwischen sechs und < 13 Jahren erreich-
ten in der Untersuchung das in dieser Al-
tersgruppe geltende HbA
1c
-Therapieziel
von < 8,0 Prozent mit Hilfe einer Insulin-
pumpe und 34 Prozent unter Anwendung
der herkömmlichen Spritztechnik.
Nicht ohne meinen Apotheker
Jugendliche mit Diabetes mellitus Typ 1
werden durch (Kinder-)Diabetologen und
Diabetesberater kompetent behandelt,
beraten und geschult. Oft kennen sich
die Beteiligten über Jahre und das für die
Behandlung erforderliche Vertrauensver-
hältnis ist vorhanden. Auch sind psycho-
soziale Probleme häufiges Gesprächsthe-
ma. In der Regel finden die Termine aber
nur einmal pro Quartal in der Diabetes-
ambulanz statt. Dies ist wenig für eine
derart betreuungsintensive Erkrankung
(Abbildung 2).
Daher untersuchte eine Studie in
Deutschland und Bosnien-Herzegowina
GRÜNDE FÜR EINE
LANGZEITREHABILITATION
•
familiäres Umfeld ist mit der Dia-
betestherapie überfordert, starke
familiäre Konflikte rund um den
Diabetes
• unzureichendes Management der
Erkrankung und daraus resultie-
rende akute Komplikationen wie
Hypoglykämie oder Hyperglykämie
sowie drohende Folgeschäden
• Kindswohlgefährdung
• keine oder geringe Krankheitsak-
zeptanz durch den Jugendlichen
• manipulierendes Verhalten im Zu-
sammenhang mit der Erkrankung
• psychosoziale Symptome (u. a. de-
pressive Entwicklungen, Ängste,
Verleugnung, Verdrängung, aggres-
sives und autoaggressives Verhal-
ten)
• häufiges Fehlen in der Schule durch
Krankheit und Krankenhausaufent-
halte
• schulische und berufliche Entwick-
lung gefährdet
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/ AKWL Fortbildung Aktuell – Das Journal
CHAOS IM KINDERZIMMER