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Informationen und Nachfragen nicht aus-

reichend ist. Eine Prüfung der Plausibilität

der Verordnung kann eine Verwechslung

verhindern.

Fall-Nr. 137126: Grenzen der

Selbstmedikation

Was ist passiert?

Eine Mutter kommt im Hochsommer mit

ihrer Tochter in die Apotheke und fragt

nach einem Mittel gegen Mückenstiche;

die Tochter hat am Rücken auf Schul-

terblatthöhe viele kleine Pusteln, leicht

gerötet, erhaben, juckend, nicht dicht

beieinander.

Es erfolgt eine Sichtprüfung durch den

Apotheker. Es besteht kein Hinweis darauf,

dass es etwas anderes als Mückenstiche

sein könnten, die Mückenplage war auch

recht hoch zu der Zeit. Ergo wird Fenistil®

Gel abgegeben.

Was war das Ergebnis?

Mutter und Tochter kommen ein wenig

später wieder in die Apotheke und reichen

ein Rezept über Aciclovir ein. Es stellt

sich heraus, dass die Tochter eine Gürtel-

rose hat, sie haben doch noch den Arzt

konsultiert.

Wo sehen Sie Gründe für das Ereignis?

Unzureichende Kenntnis im Bereich der

optischen Erkennung einer Gürtelrose, au-

ßerdem war das Alter eher untypisch für

eine derartige Erkrankung.

Zu schneller Rückschluss erfolgt, die Beur-

teilung hätte kritischer erfolgen müssen.

Kam der Patient zu Schaden

?

Nein

Wer berichtet?

Apothekerin/Apotheker

Kurzanalyse Fall-Nr. 137126

Bei der Beratung imRahmen der Selbstme-

dikation in der Apotheke müssen während

des Gespräches zunächst ausreichend In-

formationen gesammelt werden, um zu

entscheiden, ob die Selbstmedikation mit

Arzneimitteln zu verantworten ist oder ob

ein Arztbesuch anzuraten ist. Im vorliegen-

den Fall hat der Apotheker aufgrund einer

Fehleinschätzung bei der Sichtprüfung der

Hauterscheinung nicht zum Arztbesuch

geraten. Angesichts der bestehenden Mü-

ckenplage lag die Feststellung "Mücken-

stich" auf der Hand – ein derartiger Kau-

salzusammenhang ist also naheliegend,

muss aber nicht richtig sein. Auch bei of-

fensichtlich klaren Gegebenheiten bzw.

klarer Darstellung der Symptome sollten

alternative Erkrankungen mit ähnlicher

Symptomatik in Betracht gezogen werden.

Hinweis:

Eine gute Orientierung bei

der Beratung in der Selbstmedikati-

on in der Apotheke bietet das Fließdia-

gramm der Bundesvereinigung Deut-

scher Apothekerverbände (ABDA) in

der Leitlinie „Information und Bera-

tung des Patienten bei der Abgabe von

Arzneimitteln – Selbstmedikation“.

18

Fall-Nr. 141647: Wechsel Dauermedikati-

on Methotrexat (MTX)

Was ist passiert?

Die Patientin kommt mit einem Kassen-

rezept über Metex® 10 mg Fertigspritzen

10 Stück in unsere Apotheke. Bei Eingabe

ins System wird versehentlich eine falsche

EINE AUFLISTUNG ÄHNLICHER

MEDIKAMENTENNAMEN KANN

DAS BEWUSSTSEIN FÜR VERWECHS­

LUNGSMÖGLICHKEITEN STÄRKEN

UND ABGABEFEHLER VERMEIDEN.

„Sound-alike Drugs“ wären beispiels-

weise:

Olmetec® (Olmesartan) – Omep®

(Omeprazol)

Janumet® (Sitagliptin &Metformin)

– Januvia® (Sitagliptin)

Actonel® (Risedronat) – Actos®

(Pioglitazon)

Captopril (Lopirin®) – Carvedilol

(Dilatrend®)

Anzemet® (Dolasetron) – Avanda-

met® (Rosiglitazon &Metformin)

ASS® (Acetylsalicylsäure) – ACC®

(Acetylcystein)

Dekristol® (Colecalciferol) – Decos-

triol® (Calcitriol)

Cisplatin (Platinol®, Platiblastin®) –

Carboplatin (Paraplatin®)

Valsartan – Vagantin®

(Methantheliniumbromid)

Cotrimoxazol – Clotrimazol

Levocarbastin – Levocetirizin

Prednison – Prednisolon

Azithromycin – Azathioprin

Dosierung ausgewählt, das Rezept wird

mit Metex® 7,5 mg Fertigspritzen be-

druckt. Da der Artikel nicht vorrätig ist,

muss die Patientin zur Abholung der Me-

tex® Spritzen nochmal in die Apotheke

kommen. Da das Rezept nicht dem Abhol-

beleg beigelegt wird, fällt nicht auf, dass

die falsche Dosierung bestellt wurde. Die

Patientin erhält also Metex® 7,5 mg Sprit-

zen statt 10 mg. Da sie vorher Metex®

15 mg Tabletten bekommen hatte, konnte

auch der Patientin selbst nichts auffallen.

Die ersten Spritzen Metex® 7,5 mg wur-

den in der Arztpraxis von den Sprechstun-

denhilfen verabreicht. Der Fehler ist erst

nach der 3. Injektion aufgefallen.

Was war das Ergebnis?

Die Patientin wurde mit zu wenig MTX

therapiert, 7,5 mg statt 10 mg einmal

wöchentlich. Der Hausarzt hat nach Rück-

sprache mit der Patientin entschieden,

zunächst bei der Dosierung 7,5 mg einmal

wöchentlich zu bleiben, bis die Patientin

den nächsten Termin beim Rheumatolo-

gen hat. Die Patientin hatte klinisch keine

Verschlechterung gezeigt.

Wo sehen Sie Gründe für das Ereignis?

Die fehlerhafte Eingabe ins Computer-

system durch die Apothekerin stellt die

Fehlerursache dar. Da bisher kein standar-

disiertes „Vier-Augen-Prinzip“ vor Arznei-

mittelabgabe gewährleistet ist, ist der Feh-

ler „durchgewandert“, ohne aufzufallen.

Solche Fehler können vermieden wer-

den, wenn Rezept plus Abholbeleg vor der

Abgabe mit dem Arzneimittel verglichen

werden.

Kam der Patient zu Schaden?

Passagerer Schaden: leicht bis mittel

GRENZEN DER

SELBSTMEDIKATION

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Alter des Patienten

Unklare Symptomschilderung

Art, Dauer, Häufigkeit der

Symptome

Andere Erkrankungen

Verdacht auf UAW aufgrund verord-

neter Arzneimittel

Verdacht auf Arzneimittel-

missbrauch

Selbstmedikation in der Schwanger-

schaft/Stillzeit

MEHR ARZNEIMITTELTHERAPIESICHERHEIT IN DER APOTHEKE

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 / AKWL Fortbildung Aktuell – Das Journal