Previous Page  17 / 28 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 17 / 28 Next Page
Page Background

Die motivierende Gesprächsfüh-

rung (kurz: das MI, aus dem engli-

schen: motivational interviewing)

ist als therapiestützende Kommu-

nikationsform ein möglicher Weg

von vielen, der in den Heilberufen

beschritten werden kann. Es ist ein

Werkzeug mit großem Potential im

Werkzeugkasten des Fachwissens

und wie alle Werkzeuge ist es umso

wirkungsvoller, je geeigneter es für

den gewählten Einsatz ist und

umso gekonnter es eingesetzt wird.

Zum Glück besteht das MI aus vie-

len einzelnen Aspekten, die wir für

sich genommen in kleinen Schrit-

ten üben und entwickeln können

und die sich, wenn wir die zugrun-

deliegende Zielsetzung vorab verin-

nerlichen, wie von selbst zusam-

menfügen. Außerdem erfinden wir

das Rad nicht neu, Sie werden

schon oft Patienten (HINWEIS: der

Einfachheit halber sprechen wir

von dem Patienten und von dem

Apotheker) erfolgreich zu einer Ver-

haltensänderung angeleitet haben.

Hier bietet sich ein Weg an, diese

Fähigkeit zu erweitern und zu ver-

feinern, ummehr Freude und Er-

folgserlebnisse in der täglichen Ar-

beit zu haben bei gleichzeitig

selteneren Frusterlebnissen. Die

Anwendung des MI wird stets be-

reichert sein durch Ihre ganz per-

sönliche Note.

Vorteile: evidenzbasiert, leicht erlernbar,

ressourcenschonend

Zunächst von Miller und Rollnick entwi-

ckelt, wurde das MI im Rahmen der Sucht-

therapie überaus erfolgreich angewendet.

Auf seine Praktikabilität hin untersucht

zeigte sich schnell die große Stärke dieses

Ansatzes: einerseits in der klaren Verbes-

serung der Zielerreichung im therapeu-

tischen Kontext, andererseits als ein gut

und schnell erlernbarer Weg zur Gestal-

tung zwischenmenschlicher Arbeit und In-

tervention. Hervorzuheben ist der Einsatz

in Bereichen, die als konfliktbeladen gel-

ten oder in denen Widerstand schon fast

vorausgesetzt werden kann. Die besonde-

re Leichtigkeit, die sich mit fortschreiten-

der Beherrschung des MI einstellt, ist Teil

des Erfolgsrezeptes. Konsequenterweise

fasste die MI-Anwendung in immer mehr

Einsatzgebieten Fuß (Strafvollzug, Situ-

ationen der Zwangsberatung im foren-

sischen Bereich und Arbeitsvermittlung).

In vielen Feldern des Gesundheitswesens

hat das MI bereits seine Stärken unter Be-

weis gestellt, hierzu zählen bespielhaft

die Förderung der Adhärenz, Diabetiker-

programme, reibungsvolle Indikationen

aus dem neurologisch-psychiatrischen

Kontext und auch Asthmaschulungen.

Die Zahl der Forschungsergebnisse zur

Evidenz der Methode wuchs und wächst

weiterhin beachtlich.

Dieser Artikel wirft einen näheren

Blick darauf, wie das MI in der pharmazeu-

tischen Betreuung zum Einsatz kommen

kann und bietet erste Antworten auf die

folgenden Fragen:

• Welche Patienten können davon

profitieren?

• Wie sehen Situationen und Rahmenbe-

dingungen aus, in denen wir es anwen-

den können?

• Wie funktioniert das MI?

• Ist das MI auch etwas für mich?

• Wie kann ich das MI in meinen Versor-

gungsalltag sinnstiftend integrieren?

Darf es ein bisschen mehr sein? – Thera-

pieverantwortung für den Apotheker

Wir Apotheker sind als Heilberufler mit

dafür verantwortlich arzneimittelbezoge-

ne Probleme (ABP) zu erkennen, zu lösen

oder im interdisziplinären Prozess trag-

fähigen Lösungen zuzuführen. Wir tun

dies in der Interaktion mit dem Patienten

durch genaues Hinschauen und Nachfra-

gen, Analyse der uns zugänglichen Infor-

mationen, Anwendung unseres aktuellen,

fundierten Fachwissens und schließlich

einer zielgerichteten Intervention. Etwas

weiter gefasst als das ABP ist der Begriff

des Therapiehemmnisses, mit dem wir

die Phänomene beschreiben, die uns im

Zusammenhang mit der Suche nach den

ABPs begegnen und die wir als Problem

erkennen. Es handelt sich um Umstände,

die die beabsichtigte Wirkung des Arz-

neimittels verhindern oder ein Hindernis

im Medikationsprozess darstellen. Dies

kann auch das Ausbleiben einer Verhal-

tensänderung im Sinne der Therapie sein;

Darf es ein

bisschen mehr

sein?

Motivierende Gesprächsführung – schwierige Fälle meistern

Christine Weber (Bochum) ist

Apothekerin in der Westfalen-

Apotheke Bochum, Vorstands-

mitglied der AKWL, Fachapothe-

kerin für Allgemeinpharmazie

sowie AMTS-Managerin. Chris-

tian Schulz (Hiddenhausen) ist

Apotheker in der Bad Apotheke

Horn-Bad Meinberg und Facha-

potheker für Allgemeinpharma-

zie, Geriatrische Pharmazie, Na-

turheilverfahren & Homöopathie

sowie AMTS-Manager.

Christine Weber

Christian Schulz     

(

Foto:B.Schulze)

AKWL Fortbildung Aktuell – Das Journal / 

17

CHRISTINE WEBER / CHRISTIAN SCHULZ