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CellitinnenForum 1/2016

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Kirche Überlieferungen zweier ‚hei-

liger Sophien‘, die später – jedenfalls

teilweise – in einer Person gleich-

gesetzt werden. Die üblicherweise

als ‚von Rom‘ bezeichnete Sophia,

die ‚Eisheilige‘, gilt als Märtyrerin

der diokletianischen Christenver-

folgung um das Jahr 300. Sehr viel

mehr, als dass sie zu einer Grup-

pe von Märtyrern gehörte und auf

einer frühchristlichen Begräbnis-

stätte bestattet wurde, geben die

wenigen, dem siebten und achten

Jahrhundert angehörenden Quellen

nicht her. In der Zeit Karls des Gro-

ßen, frühestens aber 772, erhielt

der Straßburger Bischof Remigius

von Papst Hadrian I. Reliquien die-

ser Sophia zur Ausstattung des von

ihm um das Jahr 770 gegründeten

Klosters in Eschau

unweit von Straß-

burg. Nach Zer-

störung und Wie-

deraufbau des Klosters im zehnten

Jahrhundert entwickelte sich dort

ein Zentrum der Sophia-Verehrung

im Mittelalter, was die Errichtung

eines Pilgerhospizes am Ort be-

legt. In der Kirche befindet sich bis

heute ein Schrein mit Knochen-

überresten der Märtyrerin. Darü-

ber hängt eine Holzskulptur aus

dem 15. Jahrhundert: Sophia als

zeitgenössische Matrone mit einer

aufwendigen Kopfhaube und aus-

ladendem Mantel bekleidet. Davor

stehen drei Mädchenfiguren mit

kunstvollen Haartrachten.

Fides, Spes, Caritas

Diese Figurengruppe weist eigent-

lich auf eine zweite Sophia hin, die

‚von Mailand‘. Der Ort ihrer Be-

stattung, ebenfalls in Rom, ist in

einem Verzeichnis von Märtyrer-

gräbern des siebten Jahrhunderts

erwähnt, zusammen mit dem ihrer

drei Töchter, die in griechischer

Sprache offensichtlich nach den

drei göttlichen Tugenden benannt

sind als: Pistis (lat. Fides = Glau-

ben), Elpis (lat. Spes = Hoffnung)

und Agape (lat. Caritas =

Liebe). Die legendäre

Leidensgeschichte

lässt diese Sophia

als Witwe während

der Regierungszeit des Kaisers

Hadrian (117 – 138) mit den drei

Töchtern von Mailand nach Rom

kommen. Die drei Mädchen imAlter

von zwölf, zehn und neun Jahren

werden wegen ihres christlichen

Glaubens gefangen genommen,

gefoltert und getötet. Die Mutter

habe dem grausamen Mord zu-

sehen müssen, ein schreckliches

‚geistliches Martyrium‘. Drei Tage

später sei Sophia dann eines na-

türlichen Todes gestorben.

Vergleichbare Inschriften an Grä-

bern in römischen Katakomben

deuten darauf hin, dass die Namen

der Töchter eher als eine Deutung

zu verstehen sind und den sehr na-

heliegenden Zusammenhang von

Sophia (=Weisheit) und eben den

Tugenden von Glaube, Hoffnung

und Liebe ausdrücken. Im achten

Jahrhundert ist in Rom die kultische

Verehrung von Mutter und Töchtern

belegt. Ältere liturgische Kalender

verzeichneten sowohl einen Ge-

denktag für die ganze Gruppe am

ersten August als auch zwei ver-

schiedene Termine für die Töchter

am ersten August und für Sophia

am 30. September.

Die Verehrung der drei jungfräu-

lichen Märtyrerinnen Fides, Spes

und Caritas hat auch im Rheinland

einen nach wie vor besonderen

Ort, einen Turm auf dem Swister-

berg bei Weilerswist. Er ist Überrest

einer Kirche, in der sich seit der

Reformationszeit eine beliebte Wall-

fahrt zu den ,Drei Heiligen Jung-

frauen‘ entwickelte. Deren Abbild,

entstanden in der Barockzeit, kam

1976/78 in die Weilerswister Pfarr-

kirche St. Mauritius. Vielleicht ist es

die Vielfalt der Anliegen und Nöte,

bei denen die drei Jungfrauen an-

gerufen werden können, die Men-

schen auch bis heute zum Swister

Turm führt. So sind es Krankheit,

Hunger und Krieg, aber auch die

Sorge um Fruchtbarkeit und um

eine gute Ernte sowie die Bitte um

geistliches Wachstum in Glaube,

Liebe und Hoffnung.

Wolfgang Allhorn

Caritas

Glauben | Leben