ganzem Herzen“ (Joel 2,12), dann
„Lasst euch mit Gott versöhnen“
(2 Kor 5,20) und schließlich „Bete zu
deinem Vater, der im Verborgenen
ist.“ (Mt 6,6). Dem ‚Umkehren‘,
‚Sich-versöhnen-lassen‘ und ‚Glau-
ben‘ entspricht wiederum der Drei-
klang: „Gebet“ – „Fasten“ – „Etwas
Gutes für andere tun, vor allem für
Notleidende“.
Fasten als Besinnung
Die Fastenzeit als Bußzeit dient der
Besinnung, sowohl in der Gemein-
schaft durch Gottesdienste aber
auch als Ruf an jeden Einzelnen,
den Stand der Dinge bei sich selbst
zu überprüfen: Bin ich zu sehr in
ausgetretenen Pfaden unterwegs,
bin ich mit meinem Leben noch in
der richtigen Spur? Habe ich mir
etwa Verhaltensweisen angewöhnt,
die gar keinen Sinn haben und auf
die ich genauso gut verzichten
könnte? Wenn ich an Gott glaube,
wie ist denn meine Beziehung zu
ihm, kann ich vielleicht einen neuen
Zugang zu ihm finden, was sind
die Angebote dazu? Kann ich mein
Leben im Gebet vor Gott stellen,
indem ich dankbar dafür bin, was
ich kann, habe, was ich anderen
verdanke? Kann ich ihn bitten, sich
nicht nur meiner Wünsche, sondern
auch meiner Unzulänglichkeiten an-
zunehmen?
Bin ich auch bereit, mir Zeit zu
nehmen, um Gottesdienste zu be-
suchen, um Gott zu loben, sein
Wort zu hören, es zu betrachten, es
zu verinnerlichen und mehr danach
zu leben? Kann ich zu dem stehen,
was ich falsch gemacht habe, er-
kenne und bereue ich Schuld?
Nehme ich dann den Empfang des
Bußsakraments wahr, um Versöh-
nung mit Gott, mit mir selbst und
meinen Mitmenschen zu erfahren?
Wie lebe ich überhaupt imMoment
in Bezug auf die Menschen um
mich herum? Wie lebe ich in meinen
Beziehungen – in der Familie, im
Freundes- und Bekanntenkreis?
Wenn ich auf etwas verzichte, dann
ist das vielleicht ein ‚WENIGER‘,
aber kann es nicht auch ein ‚MEHR‘
sein? So versteht es Schwester Ka-
tharina Cleff, die im Kölner Kloster
der Monastischen Gemeinschaften
von Jerusalem lebt: „Fasten, ist
für mich mehr, als 40 Tage keine
Wurst zum Frühstück zu essen.
Die Fastenzeit mit ihrem Verzicht
ist für mich eine Zeit des ‚MEHR‘,
nicht des ,WENIGER‘. In der Tat
gibt es Dinge, auf die wir alle wäh-
rend der Fastenzeit als Gemein-
schaft verzichten, wie Schokolade
und Fleisch. Daneben hat jede in
kleinen persönlichen Dingen ihr in-
dividuelles ‚Fastenzeit-Programm‘,
beispielsweise mal bewusster auf
die Zeit zu schauen, die man am
Computer verbringt oder sich von
überflüssigen Dingen in seiner Zel-
le zu verabschieden, auf Ordnung
zu achten, der Mitschwester oder
dem Kollegen wirklich zu begegnen
und dabei innerlich nicht schon
woanders zu sein – der Phantasie
sind da keine Grenzen gesetzt. Der
äußere Verzicht in kleinen Dingen
ist eigentlich nur die Krücke, um
bewusster den Weg nach innen zu
finden und zu gehen, dahinein, wo
es ,Leer-stellen‘ gibt oder wo ich sie
bewusst schaffen will. Da, wo ich
merke, dass ich meine Leere nicht
mit mir selbst füllen kann; da, wo
dann Platz ist für Gott. Wenn ich
diese ,Leer-stellen‘ spüre, im Hun-
ger oder der Müdigkeit, dann klingt
da die Frage mit: Woran hänge ich?
Woran hängt mein Leben? Fasten-
zeit als Zeit der Umkehr und Buße
hat für mich genau damit etwas zu
tun: ,Ab-kehr‘ und ,Um-kehr‘ ist
für mich eine ,Hin-kehr‘ zu Gott,
zum Leben.
Es dreht sich in der Fastenzeit für
mich also nicht alles um die Wurst:
Im kleinen Verzicht, spüren dass es
mehr gibt als mich, im persönlichen
Beten und in der Stille zuhören, was
Jesus mir in seinem Wort sagen
möchte, im wachsameren Blick für
den- oder diejenige, die mir gerade
gegenübersteht, offen, verletzbar
und empfänglich werden für die Not
und Bedrängnis wie für das Leben
im Andern.“
Schon im zweiten Jahrhundert
fasteten Christen vor dem Oster-
fest. Die Zeitspanne wurde später
auf die Karwoche, dann ab dem
vierten Jahrhundert auf 40 Tage
ausgedehnt. ‚40‘ Tage des Fas-
tens verbrachte Jesus vor seinem
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CellitinnenForum 1/2016
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