In der Bibel geht es nicht nur um
den Himmel, sondern auch um vie-
le alltägliche Fragen, Themen und
Sorgen des irdischen Lebens. Da
Gott sich immer für den ganzen
Menschen mit Leib und Seele inte-
ressiert, verwundert es nicht, dass
zahlreiche Stellen von Krankheiten
sprechen.
Um uns Menschen an seiner un-
endlichen, heilenden, Versöhnung
und Frieden stiftenden Liebe teil-
haben zu lassen, schickt uns Gott
sogar seinen Sohn. Und was
macht Jesus? Er redet weniger,
als dass er auf die Menschen zu-
geht, mit ihnen isst, zuhört und ihr
Leben teilt. Eine besondere Vor-
liebe zeigt er für die Kranken und
Ausgestoßenen.
Die Krankheiten, die uns im Neuen
Testament begegnen, decken das
ganze Spektrum der in der Antike
bekannten Krankheiten ab: Einfa-
che Krankheiten wie Fieber, aber
auch Behinderungen wie eine ver-
krüppelte Hand (Mk 3,1–6) oder
eine verkrümmte Wirbelsäule.
(Lk 13,10–17). Daneben erfahren
wir von Blinden (Mk 8,22–26), Ge-
lähmten (Mk 2,1–12) und Tauben
(Mk 7, 31–37). Die in der Bibel häu-
figer erwähnte Lepra zeigt, wie sehr
Krankheiten soziale Ausgrenzung
und Isolation mit sich brachten.
‚Aussätzige‘ hatten sich außerhalb
des Stadttores aufzuhalten und
mussten sich mit Rasseln bemerk-
bar machen.
Wenn wir in der Bibel lesen: „Jesus
heilte viele, die an allen möglichen
Krankheiten litten“ (Mk 1,34) zeigt
dies, welche heilende Kraft in der
Art der Begegnung Jesu mit den
Kranken liegt: direkt, ganzheitlich
und persönlich. Oft geht der Hei-
lung eine Berührung voraus. Durch
die direkte Nähe und Hinwendung
wird für den Kranken eine heilende
Erfahrung möglich, die ins Leben
führt. „Geh in Frieden, du sollst
von Deinem Leiden geheilt sein.“
(Mk 5,34) Dieser ‚Schalom‘, die-
ser Friede Gottes, den Jesus den
chronisch Kranken bringt, meint
keine billige Vertröstung, sondern
umschließt das körperliche, psy-
chische und soziale Wohlbefinden.
‚Wehwehchen‘, Krankheiten oder
schwindende Kraft kennen wir
doch alle – ob jung oder alt. Wie Be-
wohner und Patienten ihre Krank-
heit wahrnehmen, hängt oft vom
Lebensumfeld ab. „Es muss…“
kommt dem einen oder anderen
über die Lippen, wenn man ihn
fragt: „Wie geht´s Ihnen heute?“
Entscheidend ist, ob der Satz aus
einer ‚Sich-Gehen-Lassen‘- oder
einer ‚Dennoch‘-Haltung fällt. Wo
sich jemand von der Krankheit ganz
in Besitz nehmen lässt, wird das
Leben immer mehr zur Krankheit.
Da schenkt die biblische Botschaft
eine wunderbare Perspektive, die
helfen möchte, sich in Schmerz und
Leid lebendig zu halten. Jesus holt
die Kranken aus ihrer Isolierung he-
raus. Alltäglich erleben wir es, wenn
wir uns an seinem Beispiel orien-
tieren: ein Blick, ein aufrichtendes
Wort, eine Berührung können eine
Weiche stellen aus dem ‚Sich-Ge-
hen-Lassen‘ ins ‚Dennoch‘.
Sr. Katharina Cleff
Monastische Gemeinschaften
von Jerusalem
Wort und Mensch
Was wir aus der Bibel über Krankheiten lernen
CellitinnenForum 1/2018
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Glauben | Leben