mit Versandapotheken aus dem Ausland austragen. Daher sind
all die taktischen Spielchen und Verzögerungen für uns in diesen
Tagen nur schwer zu ertragen. Sie werden letztlich nur dazu füh-
ren, dass die Politikverdrossenheit steigt und womöglich die poli-
tischen Ränder noch weiter gestärkt werden.
Wenn man dem Patienten in der Arzneimittelversorgung
die vermeintliche freie Wahl ermöglicht – zwischen der wohn-
ortnahen Apotheke und dem Versandhandel – dann führt das
auch mitunter zu Qualen. Im letzten Jahr hatte uns ja schon
das Landesgesundheitsministerium bestätigt, dass es für den
Versandhandel keinen Kontrahierungszwang gibt, er sich also
letztlich die Rosinen aus dem Kuchen herauspicken kann. An-
lass unserer Anfrage waren u. a. von Versendern nicht belieferte
Rezepturverordnungen.
Der Westdeutsche Rundfunk hat in seinen jüngsten Apo-
thekentests ähnliche Erfahrungen gesammelt: Während er den
Vor-Ort-Apotheken in drei Viertel der Fällen eine umfassende Be-
ratungsleistung attestierte, fiel der Test bei den Online-Apothe-
ken in einem Drittel der Fälle verbesserungswürdig und in einem
weiteren Drittel mangelhaft aus. Auch für diesen Testkauf gilt: Er
kann nur eine kleine Stichprobe, eine Momentaufnahme sein. Er
zeigt zugleich aber auch: Wenn es um eine verlässliche Versor-
gung geht, dann gibt es weiterhin keine Alternative zur Apotheke
vor Ort.
Mit freundlichen, kollegialen Grüßen
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
wir alle wissen ja, dass Ungewissheit schwer zu ertragen ist. Das
gilt für fast alle Lebenslagen, sofern es nicht gerade darum geht,
Geburtstags- oder Weihnachtsgeschenke auszupacken. Dann
mag noch die Vorfreude überwiegen. Doch mehr als vier Mona-
te nach der Bundestagswahl 2017 stellt sich bei mir nun wirklich
keine Vorfreude mehr auf die Koalition ein, die uns vielleicht bis
2021 regieren wird, womöglich aber schon nach knapp zwei Jah-
ren die Notbremse ziehen will. Oder sie kommt vielleicht erst gar
nicht zustande, weil nach erfolgten Sondierungsgesprächen jetzt
entweder die anstehenden Koalitionsverhandlungen scheitern
oder die SPD-Mitglieder einen ausverhandelten Koalitionsvertrag
ablehnen.
Unser Landesgesundheitsminister Karl-Josef Laumann hat es
zu Beginn dieses Jahres an verschiedener Stelle gesagt: Politiker
fast aller Staaten auf dieser Erde würden sich „die Finger danach
lecken“ unter den aktuellen Rahmenbedingungen, die geprägt
sind von Vollbeschäftigung, sprudelnden Steuereinnahmen und
gefüllten Renten- und Sozialkassen, in die politische Verantwor-
tung einzutreten. Wer sich politisch engagiert, der muss doch
auch den Willen haben, politisch zu gestalten, andernfalls setzen
wir die hervorragenden Rahmenbedingungen in Deutschland
ohne Not aufs Spiel.
Dass gerade wir Apothekerinnen und Apotheker aber drin-
gender denn je eine verlässliche politische Führung und stabile
Rahmenbedingungen benötigen, das haben wir alle und das ha-
ben Sie auch in großer Zahl nach dem EuGH-Urteil vom Oktober
2016 gebetsmühlenhaft in vielen Gesprächen und Verlautbarun-
gen wiederholt. Wenn wir allein in Westfalen-Lippe Tag für Tag
mehr als 350.000 Patienten verlässlich, schnell und wohnortnah
auf höchstem pharmazeutischen Niveau versorgen sollen, dann
können wir nicht parallel noch einen ungleichen Wettbewerb
Erst die Wahl,
dann die Qual
Editorial
Gabriele Regina Overwiening
Präsidentin der Apothekerkammer Westfalen-Lippe
E-Mail:
praesidium@akwl.deEDITORIAL
AKWL
Mitteilungs
blatt
01-2018 /
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