„
Diesem Gutachten fehlt es
an Substanz und Mehrheits-
fähigkeit.
“
ABDA-Präsident Friedemann Schmidt
>
Seit mehr als vier Monaten gibt es
etwas, was es seit den ersten Bundes-
tagswahlen im Jahr 1949 so noch
nicht gegeben hat, nämlich völlig
unklare politische Verhältnisse.
Neben der nach wie vor offenen Frage, ob
sich jetzt CDU/CSU und SPD auf die Bil-
dung einer Koalition verständigen können,
sorgte auch ein Gutachten über die Ver-
gütung der Apotheken für Unruhe und
Unverständnis im Berufsstand.
Zum Hintergrund: Das Bundeswirt-
schaftsministerium hat im Frühjahr 2016
ein Gutachten zur Vergütung in Auftrag
gegeben. Inhaltlich sollte es die Grundla-
ge für eine strukturierte Reformdiskussion
über eine zukunftsfeste und planungs-
sichere Honorierung von Apothekenleis-
tungen schaffen. Taktisch sollte es dem
Ministerium wohl vor allem dazu dienen,
sich über die laufende Legislaturperiode
zu retten, ohne das Thema politisch an-
fassen zu müssen.
Das Gutachten war für September
2017 erwartet worden, also in der Zeit
rund um die Bundestagswahl. Tatsächlich
wurde es dann November, bis es erste In-
formationen dazu gab. Und zudem ließen
das Prozedere und das Produkt selbst dras-
tische Mängel erkennen. „Zunächst muss
man festhalten, dass es ganz schlechter
Unklare gesundheitspolitische Agenda
Honorar-„Schlechtachten“ statt Versandverbot?
Wie geht es weiter nach der Bundestagswahl? Derzeit gibt es mehr Fragen als Antworten
politischer Stil ist, Journalisten fast im Ta-
gesrhythmus Details eines unfertigen Pa-
piers weiterzuleiten und zugleich den ver-
sprochenen Dialog mit den betroffenen
Akteuren schuldig zu bleiben", kritisiert
ABDA-Präsident Friedemann Schmidt.
Kurz vor Weihnachten hatte das
BMWi sein Konvolut noch hastig und un-
kommentiert auf seiner Webseite offiziell
veröffentlicht. Die vor einer Veröffentli-
chung zugesagte Sitzung des projektbe-
gleitenden Beirates, dem auch die Apo-
thekerschaft angehört, fand jedoch nicht
statt. Sie wurde nach erratischen Ankün-
digungen und erneuten Absagen erst für
Januar anberaumt. „Dieses Vorgehen ist
auf einen funktionierenden Notdienst
reduziert, mit Milliardenkürzungen jon-
gliert und mehr als ein Drittel der Apo-
theken von vorneherein aufgibt, der hat
keine Basis für eine sachliche Diskussion
geschaffen.“
Die Ausarbeitung des BMWi könne
deshalb nicht Grundlage einer politischen
Debatte sein. Und es kann auch nicht
Grundlage für die gestalterische Arbeit
der kommenden Bundesregierung wer-
den. Dazu fehle es ihm an Substanz und
Mehrheitsfähigkeit.
Apropos Mehrheiten: Sofern CDU/
CSU und SPD eine gemeinsame Regierung
bilden, darf man darauf gespannt sein,
wer zukünftig das Bundesgesundheits-
ministerium führen wird. Dass am 31.
Januar der CDU-Bundestagsabgeordnete
Erwin Rüddel (Bonn) zum Vorsitzenden
des Bundestagsausschusses für Gesund-
heit gewählt wurde, könnte ein Fingerzeig
dafür sein, dass das Ministerium zukünftig
von einem SPD-Politiker geführt wird. Im
Gesundheitsausschuss ist inzwischen mit
Mona Gabelmann (Die Linke) auch wieder
eine Apothekerin vertreten, die zudemaus
dem Einzugsbereich der AKWL (Siegen)
stammt. <
Hermann Gröhe (li.)
ist nach wie vor als geschäftsführender Gesundheitsminister am Start, während
Programm und Personen der neuen Bundesregierung noch „ausgewürfelt“ werden. Für die ABDA-Spitze um
Friedemann Schmidt (re.) erschweren diese unklaren politischen Verhältnisse die Tätigkeit ungemein.
an sich schon fragwürdig. Nun, da der ge-
samte Text bekannt ist, bestätigt sich au-
ßerdem aufs Massivste der Eindruck, dass
das Papier auch in der Sache unbrauchbar
ist“, sagt der ABDA-Präsident. Friedemann
Schmidt weiter: „Das Gutachten ist ei-
gentlich fast schon ein Schlechtachten. Es
geht von falschen Voraussetzungen aus,
ist methodisch angreifbar und inhaltlich
defizitär. Wer Arzneimittelversorgung
GESUNDHEITSPOLITIK
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/ AKWL
Mitteilungs
blatt
01-2018