Familie nach einer Trauerfeier und
einem Ort zum Trauern.
Die meisten Menschen jedoch wer-
den unmittelbar und unvorbereitet
mit dem Tod und Begräbnis eines
lieben Angehörigen konfrontiert und
müssen sich dann auf die Unter-
stützung der Bestattungsexperten
verlassen. Wenn sie Glück haben,
hat der Verstorbene vorgesorgt
und seinen letzten Willen hin-
terlegt, denn oft ist der Schmerz
so groß, dass „es einem fast egal
ist, was passiert, Hauptsache, wir
bringen es hinter uns”, so ein trau-
ernder Angehöriger. Die meisten
sind sich einig, dass das Begräb-
nis würdig sein soll, angemes-
sen, nicht billig, aber auch nicht
unbezahlbar.
Planen über den Tod hinaus
Annemie und Jacob Stein aus Nip-
pes haben diesen Prozess durch-
leben müssen, als ihr Sohn Rainer
plötzlich und unerwartet nicht mehr
erwachte. Aus ihrer Lieblingskirche
St. Bartholomäus in Köln-Bicken-
dorf kommend, wo Annemie Stein
jahrzehntelang Pfarrsekretärin war,
überraschte sie der jüngere Sohn
mit der Nachricht: „Ich muss euch
was sagen: Der Rainer ist tot.”
Die Stunden danach sind Anne-
mie Stein nicht mehr deutlich in
Erinnerung. Sie ist zusammen-
gebrochen bei der Todesnachricht,
hatte sich aber am nächsten Tag
schon aufgerafft, um gemeinsam
mit der Schwiegertochter den toten
Ältesten im Bestattungsinstitut zu
sehen. „Er sah überhaupt nicht wie
ein Toter aus, noch braungebrannt
vom Segelurlaub, im feinen An-
zug“, erinnert sie sich. Auch jetzt,
ein Jahr danach, ringt sie mit dem
Schmerz. „Ich habe zu ihm gesagt:
Mach doch bitte die Augen auf.
Aber er tat es nicht.“ Die Situation
im Bestattungsinstitut hat Anne-
mie Stein als wohltuend in dieser
traumatischen Situation erlebt. Zum
Glück hatte der 53-Jährige sich ein
Jahr vorher anlässlich der Beiset-
zung eines Freundes gewünscht,
im Erinnerungsgarten auf Melaten
in Köln begraben zu werden. Und
Familie wie auch alle Freunde dabei
zu haben. „Das war eine riesige
Beerdigung“, sinniert Annemie
Stein, „bestimmt 500 Menschen.
Alle wollten sich vom Rainer ver-
abschieden. Und eine ganze Seite
mit Todesanzeigen. Wir waren so
berührt, wie viele ihn mochten.“
Die schmerzliche Erfahrung hat An-
nemie und Jacob Stein verändert.
Beide sind bodenständig, nicht
schnell aus der Ruhe zu bringen.
Die Liebe zur Familie trägt durch je-
den Tag. Dennoch hat der Gedanke
sie erschüttert, wie schnell es ge-
hen kann mit dem Sterben: „Dann
wussten wir ja, dass unsere Bar-
tholomäuskirche zur Grabeskirche
umgewidmet wurde. Manchmal
finden da auch noch Gottesdienste
statt. Da wollen wir begraben wer-
den.“ Nach einem langen Gespräch
mit der Beraterin entschlossen sich
die Steins zur Komplettlösung: Als
altes Ehepaar wählten sie ihren
Platz nebeneinander und regelten
gleichzeitig alle Wünsche für ihre
Beisetzung. „Und alles schon be-
zahlt“, sagt Annemie Stein, „das
ist ein gutes Gefühl, alles geregelt
zu haben.“ Was sie am Schönsten
findet an der Grabeskirche? Da
muss sie nicht lange überlegen:
„Dat mir dä Rainer widder sinn“,
sagt sie leise und liebevoll.
Maria Adams
Mitarbeiterseelsorgerin
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CellitinnenForum 3/2017
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