Kaum ein Thema in der Medizin ist
so sehr umrankt von Mythen wie die
Organspende, die Skepsis in der Be-
völkerung ist groß. Wenn man aber
über ein Testament, eine Vorsor-
gevollmacht oder eine Patientenver-
fügung nachdenkt, lohnt sich auch
der Gedanke daran, ob man sich
vorstellen kann, Organspender zu
werden. Denn für viele Patienten ist
ein Spenderorgan imwahrsten Sinne
des Wortes lebenswichtig. Leider ist
die Spendenbereitschaft in Deutsch-
land stark rückläufig. Wurden 2005
noch 1.200 Organe gespendet, so
waren es 2015 nur noch knapp 880.
Wer sich mit dem Thema beschäf-
tigt, sollte wissen, dass nur sehr
wenige Menschen überhaupt als
Spender in Frage kommen. Denn
nur wenn bei einem beatmeten
Patienten der Hirntod diagnostiziert
wird, sind die Bedingungen für eine
Organentnahme geschaffen. Aus-
nahmen sind Lebendspenden, bei
denen beispielsweise die Niere eines
Verwandten transplantiert wird. In
Deutschland gilt gesetzlich die ‚er-
weiterte Zustimmungslösung‘; das
bedeutet, dass man zu Lebzeiten
ausdrücklich einer Organspende zu-
stimmen muss. Fehlt ein schriftlicher
Nachweis, können die Angehörigen
eine Zustimmung gemäß des mut-
maßlichen Patientenwillens zur Or-
ganspende erteilen. Anders ist das
etwa in Spanien. Hier dürfen hirnto-
ten Patienten Organe entnommen
werden, wenn sie dem zu Lebzeiten
nicht ausdrücklich widersprochen
haben.
Wie ist das Prozedere in Deutsch-
land? Zwei voneinander unabhän-
gige Ärzte müssen in einem streng
festgelegten zeitlichen Abstand den
Hirntod des Patienten feststellen.
Dann wird hausintern der Transplan-
tationsbeauftragte benachrichtigt,
der als Koordinator die Deutsche
Stiftung für Organspende (DSO)
informiert. Es folgen Gespräche mit
den Angehörigen, um die legitimen
Voraussetzungen einer Spende zu
klären. Stimmen die Angehörigen
zu, werden umfangreiche medizi-
nische Untersuchungen am Ver-
storbenen durchgeführt. Wenn alle
Bedingungen für eine Organentnah-
me erfüllt sind, werden die Daten
zur Organvermittlung an Eurotrans-
plant übertragen. Ist ein passender
Organempfänger gefunden, wird
das Organ entnommen und zum
entsprechenden Transplantations-
zentrum gebracht. Hier findet dann
die Organtransplantation statt.
Durch diesen festgeschriebenen
Prozess und viele Kontrollinstanzen
ist gewährleistet, dass es nicht zu
Chancenungleichheiten oder Un-
gereimtheiten kommt. Wer letztlich
das Organ bekommt, wird nach
Dringlichkeit und Erfolgsaussicht
entschieden.
Den Klinikmitarbeitern kommt beim
Thema Organspende eine beson-
ders wichtige Rolle zu. Aus diesem
Grund hatte das Ethik-Team des
St. Vinzenz-Hospitals alle Mitarbeiter
und die Ethik-Teams der anderen
Krankenhäuser des Verbundes zu
einer Veranstaltung eingeladen. Hier
wurde nach interessanten Fachvor-
trägen angeregt und auch kritisch
diskutiert.
Organspende ist Vertrauenssache
Über die Kriterien zur Entnahme von Organen
Weitere Informationen zum Thema Organspende finden Sie beispielsweise
unter
www.organspende-info.deoder
www.dso.deCellitinnenForum 3/2017
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