Im Juli 2016 wurde in einem Urteil
des Bundesgerichtshofes (BGH)
entschieden, dass Patientenver-
fügungen in Zukunft spezifischer
und genauer sein müssen. Dieses
Urteil sorgte für Verunsicherung,
sodass nun viele Menschen ihre
Patientenverfügungen noch einmal
gezielt überarbeiten wollen. Dem
Urteil des BGH liegt ein Streitfall
von Familienangehörigen über die
Auslegung einer allgemein ge-
haltenen Patientenverfügung der
Mutter zu Grunde. Dort stand die
unklare Formulierung, dass „keine
lebenserhaltenden Maßnahmen“
durchgeführt werden sollten. Kon-
kret war nicht klar festgelegt, ob
die Patientin mit einer Sonde durch
die Bauchdecke (PEG) künstlich
ernährt werden wollte. Als sie nach
einem Schlaganfall selbst noch
sprechen konnte, entschied sie
sich für eine solche Sonde. Spä-
ter, im Pflegeheim, konnte
sie sich aber nicht mehr
äußern und der Streit der
Angehörigen nahm seinen
Lauf und führte schließlich
zu dem Gerichtsurteil.
Warum ist eine Patienten-
verfügung wichtig?
Die meisten älteren Men-
schen fürchten sich am
Ende des Lebens vor einem
langen Sterbeprozess (62%),
vor starken Schmerzen und
Atemnot (60%) und davor,
der Familie zur Last zu fallen
(54%); das besagt eine Um-
frage von 2015 des Sozialwis-
senschaftlichen Instituts der
Evangelischen Kirche Deutsch-
lands. Die meisten Menschen
wollen am Ende ihres Lebens
selbstbestimmt sterben. Dazu
ist eine Patientenverfügung und
eine Vorsorgevollmacht genau
richtig – wenn sie gut verstanden
und ausgefüllt ist. Gleich wichtig
ist jedoch auch, dass mit dem Vor-
sorgebevollmächtigten lange und
ausführlich gesprochen wird, da-
mit er über die Wünsche am Ende
des Lebens genau Bescheid weiß,
besonders für den Fall, wenn man
sich selber nicht mehr äußern kann.
Auch mit dem Hausarzt sollte ein
solches Gespräch geführt werden.
Wie im Leben, so gibt es auch im
Sterben immer wieder Situationen,
die man sich eigentlich so nicht vor-
gestellt hat. Darum ist der Vorsor-
gebevollmächtigte die Person, der
man vollends vertrauen und die die
gemachten Vereinbarungen gegen-
über den Ärzten vertreten muss.
Was ist zu tun?
Eine Patientenverfügung soll so
spezifisch wie möglich formuliert
sein und genau ausdrücken,
welche Behandlungen man am
Lebensende nicht mehr haben
möchte. Das Schriftstück muss
nur persönlich unterschrieben und
datiert sein, die Hinzuziehung eines
Rechtsanwalts oder Notars ist nicht
notwendig. Die Vorsorgevollmacht
muss zusätzlich vom Bevollmäch-
tigten unterschrieben werden. Die
Patientenverfügung sollte ein guter
Leitfaden für das Gespräch zwi-
schen den behandelnden Ärzten,
dem Verfasser und seinem Be-
vollmächtigten sein. Dann nämlich
kann sichergestellt werden, dass
der Patient nach seinemWillen be-
handelt wird. Diesen Schwerpunkt
auf den mutmaßlichen Patienten-
willen hat auch der BGH in einem
Beschluss vom 8. Februar 2017
noch einmal bekräftigt.
Dr. Sylvia Klauser
Ethikreferentin
Patientenverfügung überprüfen
BGH-Urteil fordert Spezifizierung des Patientenwillens
CellitinnenForum 3/2017
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