Seit mein Cousin vor einigen Jah-
ren mit Mitte vierzig aufgrund einer
schweren Erkrankung verstarb,
treibt mich das Thema Patienten-
verfügung um. Also entschließe ich
mich, das Beratungsangebot im
St. Franziskus-Hospital in Anspruch
zu nehmen. Ich
ve re i nba re
telefonisch
einen Bera-
tungstermin mit
Anne Kruse, Kran-
kenhausseel-
sorgerin und
Mitglied des
Eth i k-Teams
im Ehrenfelder
Krankenhaus.
Im Wechsel
mit vier Kollegin-
nen und Kollegen
nimmt sie die
Beratungstermi-
ne wahr. Sie hat
eine Stunde für
mich und mein
Anliegen Zeit.
„Warum
möchten Sie
eine Patien-
tenverfügung ver-
fassen?“, fragt mich Anne Kruse –
und dies ist die wichtigste Frage im
ganzen Gespräch, denn nun bin ich
gefordert, meine Gedanken konkret
auszusprechen. Und genau dies
setzt dann ja auch die Weichen
für meine Entscheidungen zu den
einzelnen Punkten. „Am allerwich-
tigsten ist die Vorsorgevollmacht“,
erläutert Anne Kruse. Denn so
gebe ich den Menschen, denen
ich künftige Entscheidungen und
meine Willensvertretung anver-
traue, überhaupt erst die recht-
liche Grundlage dafür. Hier muss
ich mich aber ‚nur‘ für bestimmte
organisatorische Wege, noch nicht
für inhaltliche Ausgestaltungen ent-
scheiden.
Danach beginnen wir über die
Patientenverfügung zu sprechen.
Und hier geht es nun ins Detail. In
welchen Situationen soll die Ver-
fügung gelten? Nur wenn ich mich
im unmittelbaren Sterbeprozess
befinde? Oder auch schon im End-
stadium einer tödlich verlaufenden
Krankheit? Es geht darum, meinen
Erfahrungen und Befürchtungen
zu Krankheit, Leiden und Sterben
Raum und Gestalt zu geben. Das
fällt mir nicht an allen Stellen leicht.
„Die meisten Men-
schen machen sich
erst bei eintretender
schwerer Erkrankung
oder im höheren Le-
bensalter Gedanken
zu dem Thema“, weiß
Anne Kruse. Aber was,
wenn ich nach einem
Unfall nicht mehr in der
Lage bin, Entscheidun-
gen selbst zu treffen?
Ich will den mir nahe-
stehenden Menschen
eine Entscheidungs-
hilfe an die Hand geben, sollte der
Ernstfall eintreten. Wir reden über
lebenserhaltende Maßnahmen,
Schmerz- und Symptombehand-
lung und viele andere Eventualitä-
ten. Anne Kruse hat einen Leitfaden
und einen Bogen zur Hand, in dem
man die unterschiedlichen Hand-
lungsoptionen nachlesen und an-
kreuzen kann. Ich muss nicht alles
sofort entscheiden. Einige Dinge
nehme ich mit nach Hause, um sie
mit meinem Mann zu besprechen.
Ein wichtiger Punkt: Mit den Men-
schen, denen man eine Vollmacht
erteilt, imGespräch bleiben – einige
Formulare müssen sie mit unter-
schreiben – und auch sich selbst
regelmäßig prüfend fragen, ob die
einmal festgelegten Wünsche noch
aktuell sind. Nach unserem Bera-
tungsgespräch bin ich beruhigt.
Nun kann ich mit gutem Gewissen
die Vertretung meiner Interessen im
Ernstfall anderen Menschen anver-
trauen.
Denkanstoß durch Beratung
Selbstbestimmte Entscheidung setzt Information voraus
CellitinnenForum 3/2017
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