Im Rahmen der Weltkontinenzwo-
che lud das ‚Kompetenzzentrum
Beckenboden‘ im Juni Physio-
therapeuten, Sportwissenschaft-
ler, Ärzte und Interessierte zu einer
Fortbildung zum Thema ‚Spezielles
Beckenbodentraining bei Becken-
bodeninsuffizienz‘ ins Heilig-Geist
Krankenhaus ein. Aus verschiede-
nen Perspektiven stellten vier Re-
ferenten neue Studienergebnisse
zu unterschiedlichen Therapiean-
sätzen bei Beckenbodendysfunk-
tionen vor.
Dr. Helena Luginbühl, Physiothe-
rapeutin, beleuchtete die Vorteile
des sogenannten ‚stochastischen
Ganzkörpervibrationstrainings‘ zur
Aktivierung des Beckenbodens.
Hierbei werden insbesondere die
Fasern der Beckenbodenmus-
kulatur reflektorisch aktiviert, die
möglichst schnell und kräftig an-
spannen können sollten. Dies ist
zum Beispiel notwendig, um bei
Druckerhöhungen im Bauchraum
den Verschluss der Harnröhre zu
sichern und Urinverlust zu verhin-
dern.
Wie Patienten mit Prostatakrebs
Beckenbodendysfunktionen durch
sportliche Aktivität positiv beein-
flussen können, veranschaulichte
Lars Jäger, Physiotherapeut und
wissenschaftlicher Mitarbeiter der
Fresenius Hochschule. Wie seine
Forschungsergebnisse zeigen,
kann die Vorstellung von Bewegung
oder muskulärer Aktivität (Motor
Imagery) des Beckenbodens das
motorische Training optimieren. Die
Ergebnisse seiner in der ProPhysio
Köln GmbH durchgeführten Studie
zeichnete die Deutsche Kontinenz-
gesellschaft vor kurzem in Dresden
mit ihrem Nachwuchspreis aus.
Die Physiotherapeutin der ProPhy-
sio, Agnes Wand, berichtete, dass
Patientinnen mit Harninkontinenz
Unterschiede in der Fähigkeit auf-
wiesen, den Beckenboden isoliert
in Rückenlage oder im Stand an-
zuspannen. Auch nach den üb-
lichen sechs verordneten Einheiten
Physiotherapie aktivierten sie wei-
tere Muskeln. Da Inkontinenz ver-
mehrt imStehen und bei Bewegung
auftritt, ist es für ein erfolgreiches
Beckenbodentraining notwendig,
dass der Beckenboden isoliert an-
gespannt werden kann.
Den interdisziplinären Bogen der
Veranstaltung spannte die Oberärz-
tin der Klinik für Urologie des Heilig
Geist-Krankenhauses, Julia Damm.
Sie berichtete aus ärztlicher Sicht,
welche medikamentösen oder
operativen Möglichkeiten im Heilig
Geist-Krankenhaus zur Behandlung
der Belastungs- oder Dranginkon-
tinenz angeboten werden. Dabei
sind nach ausführlicher Diagnostik
die Therapiemöglichkeiten individu-
ell auf die Patienten abgestimmt.
Viele Eingriffe können minimal-
invasiv mit Hilfe des Da-Vinci-Ope-
rationssystems durchgeführt wer-
den.
Corinne Bender
Sporttherapeutin ProPhysio
Den Beckenboden stärken
Vortragsreihen zu neuen Therapiekonzepten bei Dysfunktion
Medizin | Betreuung
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CellitinnenForum 3/2018