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CellitinnenForum 2/2015

In Leid und Elend der Menschen

hören wir immer wieder den Ruf

nach Barmherzigkeit. Das Wort ‚B-

arm-herz-igkeit‘ sagt ‚den Armen

von Herzen‘ zugetan sein. Inner-

lich berührt, betroffen sein, das ist

der Weg, auf dem Barmherzigkeit

gelingen kann. Dann kann man mit-

fühlen, mitleiden, umarmen. Barm-

herzigkeit wird oft mit Liebe ver-

bunden, liebende Hingabe.

Die Barmherzigkeit Gottes ist un-

endlich. Sie wird vor allem imGleich-

nis Jesu vom ‚barmherzigen Vater‘

(Lk 15,11ff.) erläutert: Der Sohn hat

sein Vermögen durchgebracht. Er

wird zum Schweinehüter, verliert

seine Sohnschaft. In seiner Not sagt

er: „Ich will umkehren und zu mei-

nem Vater gehen.“ Der Vater weist

den Sohn nicht zurück. Er eilt ihm

vielmehr entgegen, umarmt ihn und

lässt ihm ein Festgewand anlegen.

Er gibt ihm eine neue Chance, gibt

ihm die Sohnschaft zurück.

Schon im Alten Testament hören

wir von der Barmherzigkeit Gottes,

der dem Volk Israel, das immer wie-

der in Schuld verfällt, vergibt. Er

ist ‚Jahwe-Gott‘, der Gott, der ‚für

die Menschen da ist‘ (vgl. Ex 3,14).

In den Psalmen hören wir: „Wie ein

Vater sich seiner Kinder erbarmt, so

erbarmt sich der Herr über alle, die

ihn fürchten.“ (Ps. 103,13)

Die Menschwerdung Jesu Christi

entspricht der Liebe Gottes, seiner

Barmherzigkeit, seinem ewigen

Heilsplan. Jesu Leben ist Barm-

herzigkeit: Er heilt Kranke, Blinde,

Lahme, Aussätzige. Jesus sagt den

Menschen, dass sie einen ‚Vater‘

im Himmel haben und lehrt sie das

‚Vater unser‘. Jesus vergibt Schuld.

So heißt es am Ende einer Heilung:

„Geh hin und sündige nicht mehr“.

Dies wird uns im Bußsakrament

zugesagt. Es ist der ‚Ort der Barm-

herzigkeit‘.

Jesu Kreuz und Auferstehung ist

Hingabe für uns Menschen. Jesus

erlöst von Sünde, Schuld und Tod,

denn: Wie er auferstanden ist, so

werden auch wir auferstehen“, so

heißt es. Immer wieder taucht an-

gesichts der Barmherzigkeit die

Frage nach der Gerechtig-

keit Gottes auf. Papst Jo-

hannes Paul II. sagt: „Gottes

Gerechtigkeit sei mit seiner

Treue, Hilfe, Güte, mit seiner

Barmherzigkeit verbunden.

Die Gerechtigkeit dient der

Barmherzigkeit.“ (Enzyklika

‚Über das göttliche Erbar-

men‘ 1980).

Immer wieder haben Men-

schen voller Barmherzig-

keit einander geholfen.

Die Fähigkeit dazu ist

uns vom Schöpfer ins

Herz gelegt. So gehen

wir auf den nächsten

Notleidenden zu – mit-

leidend, mitfühlend,

umsorgend. Jesus er-

zählt das Gleichnis vom

barmherzigen Samariter (Lk 10,25-

37) als ihn die Gesetzeslehrer

nach dem Nächsten fragen. Der

Samariter als Fremdling versorgt

den Ausgeraubten. Er bringt ihn in

die Herberge, zahlt den Wirt auch

für die nächsten Tage. Der Nächste

für den Samariter war der Verletzte,

dem er ‚Barmherzigkeit erwies“.

In der Bergpredigt (Mt 5,7) sagt Je-

sus: „Selig die Barmherzigen, denn

sie werden Erbarmen finden.“ An

anderer Stelle (Mt 25,40) heißt es:

„Was ihr für einen meiner geringsten

Brüder getan habt, das habt ihr

mir getan.“ Papst Franziskus sagt:

„Wir müssen sie (die Menschen) mit

Barmherzigkeit begleiten.“

Dr. Marianne Breuer

Meditation

Seid barmherzig, wie es auch euer Vater ist! (Lk 6,36)

Glauben | Leben