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Bewerber in der Pflege wären so

auch im europäischen Ausland

gefragte Arbeitskräfte.

Wann spezialisieren sich die Pfle-

gekräfte bei einer generalistischen

Ausbildung?

Die Spezialisierung erfolgt nach

der Ausbildung durch Fort- und

Weiterbildungen. Mit dem bestan-

denen Examen in der Tasche – drei

schriftliche, drei mündliche und

eine Prüfung ‚am Bett‘ – hat man

die Grundlagen für den Beruf ge-

schaffen. Danach geht das Lernen

weiter, wie in anderen Berufen und

Branchen auch. Durch die hohe

Anzahl an Fachbereichen und ihren

Differenzierungen und die zum Teil

noch in den Kinderschuhen ste-

ckende Forschungsintensität und

ihren neuen Erkenntnissen lernen

Mitarbeiter in der Pflege nie aus.

Egal welchen Einstieg junge Men-

schen in die Pflegeberufe nehmen,

es gibt nicht viele Branchen, in de-

nen so vielfältige Fort- und Weiter-

bildungen geboten werden. Wer

gerne Verantwortung übernimmt,

Ziele hat und seine Karriere darauf-

hin plant, kann heute auch in der

Gesundheitswirtschaft Karriere

machen.

Welche Berufschancen hat ein

Bachelor in der Pflege?

Der Studiengang ist noch recht neu,

daher gibt es noch keine genauen

Berufsbilder. Ziel ist es, die Kom-

petenzen der Pflegekräfte in der

unmittelbaren Bewohner- und Pa-

tientenversorgung auszubauen. Ein

Aufgabenbereich kann beispiels-

weise die Patientenfallsteuerung,

die Patientenedukation und -bera-

tung sein, um die Kontinuität der

Versorgung sicher zu stellen. Gut

beratene Patienten mit einer ho-

hen ‚Komplianz‘, also einem hohen

kooperativen Verhalten im Rahmen

der Therapie, können mehr Eigen-

verantwortung übernehmen, ein

Drehtüreffekt wird vermieden. Die

Absolventen können aktuelle wis-

senschaftliche Erkenntnisse in die

Konzeptentwicklung für Kranken-

und Seniorenhäuser einfließen las-

sen, zum Beispiel die Umsetzung

von nationalen Expertenstandards

oder Leitlinien. Jemand mit einem

Dualen Studium in der Pflege kann

hier sicherlich sehr gute Lösungen

finden. Letztendlich werden auch

der Markt und der Kampf um Pfle-

gefachkräfte mit entscheiden, wie

sich das Berufsbild akademisch

qualifizierter Fachkräfte weiterent-

wickelt.

Welchen Herausforderungen muss

sich die Pflege in den kommenden

Jahren stellen?

Mit den Herausforderungen in un-

serer Gesellschaft, wie Rückgang

der Schulabgänger und Zunahme

an pflegebedürftigen, multimorbi-

den Menschen, müssen sich alle,

auch Klinikträger, Seniorenhäuser

und ambulante Pflegeanbieter

beschäftigen. Ich wünsche mir in

der Berufsgruppe Pflege weniger

Wehleidigkeit und mehr aktives

politisches Handeln. Pflegerische

Selbstverwaltung, beispielsweise

in Form einer Pflegekammer, be-

deutet Zuwachs an politischer Ein-

flussnahme, aber auch die Über-

nahme von mehr Verantwortung.

Studien belegen, dass sich eine

gute Versorgungsqualität in der

Pflege positiv auf den Heilungs-

prozess und die Liegezeiten aus-

wirkt. In Senioreneinrichtungen und

Kliniken fördert eine gute Pflege das

Image eines Hauses. Daher ist jeder

Träger gut beraten, für die Pflege-

berufe gute Arbeitsbedingungen zu

schaffen. Dazu gehören eine gute

Organisation, Entlastung durch

ausreichende und qualifizierte Mit-

arbeiter und gute Pflegehilfsmittel

sowie ein breites und qualifiziertes

Spektrum an Fort- und Weiter-

bildungen. Wichtig ist auch die

Wertschätzung des Berufsstands.

Pflege bedeutet schon lange nicht

mehr nur ‚satt und sauber‘. Die

Tätigkeit ist hochkomplex und er-

fordert neben Empathie fundiertes

Grund- und Spezialwissen in den

Fachbereichen. Meine Vision ist,

dass die unterschiedlichen Berufs-

gruppen auf Augenhöhe ihre jeweils

spezifische Perspektive in den Be-

handlungsprozess einbringen, zum

Beispiel in Form von Fallbespre-

chungen. Medizin- und Pflege-

berufe können perspektivisch als

gleichwertig betrachtet werden,

wenn Pflegende mehr koordinie-

rende und steuernde Aufgaben in

der Patienten- und Bewohnerver-

sorgung übernehmen. Größerer

Entscheidungs- und Handlungs-

spielraum bedeutet, mehr Verant-

wortung und kann zu einer höhe-

ren Berufszufriedenheit führen. So

kann es den Trägern gelingen, die

Arbeitsbereiche attraktiv zu halten,

um junge Menschen für die Pflege-

berufe zu begeistern.

Vielen Dank für das Gespräch.

CellitinnenForum 2/2015

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Lehren | Lernen