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Im August 2018 starb Dr. Cora van

der Kooij im Alter von 72 Jahren. Die

gelernte Krankenschwester, Histori-

kerin und Begründerin der Mäeutik,

deren Kern die erlebensorientierte

Pflege und Betreuung ist, setzte

sich seit den neunziger Jahren für

ihr Modell ein, das sich in den Nie-

derlanden, Österreich, Polen und

Deutschland schnell verbreitete.

Die mäeutische Pflege setzt voraus,

dass man sich mit dem Bewoh-

ner, seiner Biografie, seinen Vor-

lieben und Abneigungen intensiv

beschäftigt. Dabei verwenden die

Pflegenden eine Sprache, die so-

wohl intellektuell als auch emotional

anspricht und so die vielen Facetten

in der Pflegebeziehung deutlich und

verstehbar macht. Besonders zu

Menschen mit demenziellen Ver-

änderungen bekommt man mithilfe

des Modells einen guten Zugang.

Van der Kooij war es wichtig, dass

diese Seniorenhausbewohner in

das ‚normale‘ Leben eingebunden

werden. Die Kommunikation ist

dabei ein wichtiger Schlüssel. Sie

nutzt dafür die komplette Bandbrei-

te der kommunikativen Möglichkei-

ten. Ihr Modell nimmt das Erleben

der Mitarbeiter, die verschiedenen

Spannungsfelder, mit denen sich

die Mitarbeiter konfrontiert sehen

und auch die Zusammenarbeit in

den Teams in den Blick. Die Mäeutik

möchte die Pflegenden dazu befähi-

gen, das eigene Tun zu hinterfragen.

Die Reflexion des eigenen Handelns

als auch die reflexive Sicht auf die

Zusammenarbeit im Team ist die

Grundlage dafür, dass der Bewoh-

ner in den Mittelpunkt rückt.

Einrichtungen, die nach diesem

Modell arbeiten, müssen den Mit-

arbeitern aber auch Zeit einräumen,

Fragen zu stellen und erfahrungsbe-

zogen zu lernen. Eine emphatische

Grundhaltung ist die Voraussetzung

für das Finden von gegenseitigen

positiven Kontaktmomenten, um

dem Klienten ein möglichst hohes

Wohlbefinden zu ermöglichen.

Van der Kooij war seit 2003 mit der

Seniorenhaus GmbH der Cellitinnen

zur hl. Maria verbunden. Sie hat das

Projekt ‚Wohlbefinden und Sicher-

heit – trotz Demenz‘ (2003–2006)

begleitet und auch danach war

es ihr immer sehr wichtig, zu er-

fahren, wie es mit der Mäeutik in

den Einrichtungen weiterging. Die

Expertin ließ es sich trotz schwerer

Erkrankung nicht nehmen, den ers-

ten Trainerkurs bei den Cellitinnen

persönlich zu leiten. Und zu der Zer-

tifikatsverleihung nach dem zweiten

Kurs kam sie eigens aus den Nie-

derlanden angereist, um sich die

Präsentationen anzuschauen und

den ‚neuen‘ Trainern die Urkunden

zu überreichen. Van der Kooij war

immer neugierig und offen für an-

dere Denkweisen. Fachliche und

konzeptionelle Anregungen, die ihr

Modell bereichern konnten, nahm

sie dankend auf. Der persönliche

Zugang zu ihr war immer ‚barriere-

frei‘. Sie war eine Lehrende, die sich

auf eine Stufe mit den Pflegenden

und Betreuenden stellte; sie war an

jedem Einzelnen, seinem Denken,

Fühlen und seinen Erfahrungen in-

teressiert.

Cora van der Kooijs Gedanken und

Werke begleiten die Einrichtungen

der Seniorenhaus GmbH in dank-

barer Erinnerung weiter.

Trauer um Cora van der Kooij

Die m eutische Pflege lebt weiter

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Medizin | Betreuung

CellitinnenForum 4/2018