Rückgängen der Lebenserwartung
für die Jahre 2015 und 2016 ist
allerdings noch nicht klar, ob die
Prognosen zu optimistisch sind.
Wann ist man eigentlich in Deutsch-
land alt? Für viele unter 40-Jährige
sind Menschen ab 60 alt, was diese
so sicherlich nicht unterschreiben
würden. Zu diesem Ergebnis kam
das Deutsche Institut für Altersvor-
sorge (DIA) in einer Studie. Mehr-
heitlich fühlt sich die ältere Gene-
ration jünger, als sie tatsächlich ist,
nämlich im Schnitt um rund zehn
Jahre. Vergleicht man die Groß-
eltern heute mit denen der ‚Ba-
byboomer‘, scheint das Gefühl
nicht zu trügen. Oma und Opa
sehen heute nicht nur jünger aus,
sie sind medizinisch gesehen in
einer besseren Verfassung, leben
oft gesünder, sind mobiler, besser
ausgebildet und haben noch weit
mehr Lebensjahre vor sich als die
Generation davor. Man kann ihnen
also durchaus auch mehr zutrauen,
als auf Kaffeefahrt zu gehen oder
Schmerz-, Haft- und Faltencremes
zu kaufen.
Wie die ‚Generali Altersstudie 2017‘
offenbart, engagieren sich 40 Pro-
zent der 65 bis 85-Jährigen eh-
renamtlich. Was wären Senioren-
und Krankenhäuser, Kindergärten,
Nachbarschaftshilfen, Chöre und
Kirchengemeinden ohne die Unter-
stützung, manchmal auch treiben-
den Kräfte der Generation 65plus?
Rüstige Rentner
Auf einer Skala von 0 (schlecht) bis
10 (sehr gut) bewertet die ältere
Generation ihr Leben mit einem
Durchschnittswert von 7,2 Punk-
ten positiv. Immerhin 40 Prozent
beurteilen ihren gesundheitlichen
Zustand als uneingeschränkt gut,
fast zwei Drittel der Älteren sind
mit ihrer wirtschaftlichen Situation
sehr zufrieden – was nicht bedeu-
tet, dass es keine Altersarmut gibt.
Jeder Zweite ist im Internet unter-
wegs und nutzt die neuen Medien,
um sich zu informieren, Kontakte
zu knüpfen oder Bestellungen auf-
zugeben. Von digitaler Verweige-
rung also keine Spur. An deutschen
Hochschulen sind 42 Prozent der
Gaststudenten über 65 Jahre, was
für die ‚alten grauen Zellen‘ spricht.
Forscher der University of California
wollten wissen, in welcher Lebens-
phase der Mensch am glücklichs-
ten ist und mussten feststellen,
dass die jüngeren Teilnehmer der
Studie dabei deutlich schlechter
abschnitten.
Ressourcen nutzen
Trotz der positiv stimmenden Zah-
len reduzieren wir das Alter auf
seine Verluste. Selbst die über
65-Jährigen, die nach eigenem
Bekunden ein zufriedenes Leben
führen, sind davon überzeugt, dass
es dem Großteil ihrer Altersgenos-
sen sehr viel schlechter geht. Dabei
ist das Alter heute jung und die
Gesellschaft täte gut daran, die
Ressourcen der Menschen über
65 zu erkennen und zu nutzen. In
Zeiten von Fachkräftemangel und
drohenden Löchern in den Sozial-
kassen könnten noch flexiblere
Renteneintritts- und Arbeitszeitmo-
delle über die momentan gesetz-
lich geregelten 65 beziehungsweise
67 Jahren hinaus die Gesellschaft
entlasten. Schon heute sind nach
der DIA-Studie viele Arbeitnehmer
bereit, je näher der Ruhestand
rückt, dem Unternehmen länger
zur Verfügung zu stehen. Das gilt
zumindest für nicht-kräftezehrende
Berufe.
Die Leistungsfähigkeit der Älteren
ist nicht geringer als die der Jünge-
ren, nur haben sich die Stärken ver-
schoben. Das System Rente und
Pension setzt für die ‚Babyboomer‘
und die nachfolgenden Rentner-
generationen auf noch mehr Eigen-
vorsorge. Wie sich das auf deren
Zufriedenheit im Alter auswirkt, wird
sich zeigen.
Phase des Abschieds
Bessere Lebensbedingungen, ge-
sundheitsförderliche Lebensstile,
Prävention und der medizinische
Fortschritt sorgen dafür, dass
die Zeitspanne, in der Menschen
krank und gebrechlich sind, sich
zwar nicht verkürzt, doch deutlich
nach hinten verschiebt. Ältere, ins-
besondere Hoch- und Höchstbe-
tagte, tragen ein großes Risiko, an
Demenz oder Krebs zu erkranken
oder in ihrer Beweglichkeit einge-
schränkt zu werden. Wenn es einen
nicht selber trifft, ist es vielleicht
der Partner, der zu einem Pflegefall
wird, oder es sind die Freunde, die
sterben. Daher sind die Menschen
in der letzten Lebensphase sehr
gefordert, mit Schicksalsschlägen
und dem Loslassen umzugehen.
Eine komplette Generation aber auf
Verluste zu reduzieren und nur die
Schattenseiten zu betonen, greift
deutlich zu kurz.
5
Titel | Thema
CellitinnenForum 4/2018