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Wilma Weiß

, gelernte Weißnäherin, Telefonistin, *1931

„Es muss immer weitergehen“, das ist mein Lebens-

motto. 40 Jahre lang war ich verheiratet, hätte auch

gerne Kinder gehabt, aber es sollte nicht sein. Als mein

Mann und ich in Rente gingen, haben wir die Zeit ge-

nossen und viel unternommen. Nein, das sogenannte

‚Nichtstun‘ fiel uns nicht schwer. Nach dem Tod meines

Mannes war ich froh, meine jüngere Schwester und

Freunde zu haben. Die halfen mir über die schwere

Zeit. Doch dann kamen die ‚Wehwehchen‘. Die große

Wohnung aufgeben zu müssen, fiel mir sehr schwer.

Doch da musste ich durch. Heute denke ich, das hätte

ich mal früher machen sollen, es ist doch wunderbar hier

im Seniorenhaus Heilige Drei Könige. Meine Tage haben

einen festen Rhythmus, ich habe keine Verpflichtungen

mehr, besuche Bekannte, gehe bummeln oder mit

meiner Schwester auf den Friedhof. Ich bin ein rundum

zufriedener Mensch und lasse das Morgen gelassen

auf mich zukommen – es kommt, wie es kommen will.

Anita Fröhlen

,

eh. Krankenschwester, *1940

Das Alter? Ja, manchmal tut es etwas weh, so wie mein

Rücken jetzt. Trotzdem, ich kann nicht stillsitzen. Seit

meiner Pflegeausbildung arbeite ich mit Ordensschwes-

tern zusammen. Ich bin froh, dass ich nach meinem

Renteneintritt vor 18 Jahren im Kloster der Cellitinnen

zur hl. Maria in der Pflege der älteren Schwestern weiter-

arbeiten konnte. Das Geld war nicht der Grund, mir fiel

ohne Aufgabe die Decke auf den Kopf. So übernahm ich

zehn Jahre lang die Nachtschichten. Heute komme ich

noch fast täglich vier bis fünf Stunden ins Kloster und

fahre die mir so lieb gewonnenen Schwestern durch

den Garten, lese ihnen etwas vor und bringe sie zum

Lachen, ehrenamtlich, versteht sich. Das Schöne am

Alter ist, dass einen niemand und nichts drängelt. Ich

bestimme über meine Zeit und kann machen, was ich

will. Das genieße ich.

Hedwig Schlegel

,

eh. Diätassistentin, *1945

Als mein Mann die Diagnose Demenz erhielt, hat sich

unser Leben grundlegend geändert. Doch wir gingen die

Dinge an und regelten, was es zu regeln gab: Bankge-

schäfte und Steuererklärungen, Patientenverfügung und

Vorsorgevollmacht gehörten dazu. Ich bin jemand, der

die Zügel in die Hand nehmen kann. Eigentlich wollten

wir die Weichen gründlich stellen, das Haus verkaufen

und in zwei kleinere Wohnungen in das Seniorenhaus

Maria Einsiedeln ziehen. Doch die Krankheit schritt

zu schnell voran und so pflegte ich meinen Mann bis

zum Schluss zu Hause. Anderthalb Jahre nach seinem

Tod konnte ich meine Wohnung in der Cellitinnen-Ein-

richtung beziehen. Seitdem nehme ich mir viel Zeit

für Dinge, die ich gerne tue und die mich erfüllen. Ich

bepflanze meine kleine Terrasse und die Beete drum-

herum, engagiere mich regelmäßig im benachbarten

Seniorenhaus ehrenamtlich, pflege den Kontakt zu

Freunden und Familie und freue mich, neue Dinge

auszuprobieren, wie aktuell die Veeh-Harfe. Das Alter,

so wie es sich jetzt anfühlt, macht mich zufrieden. Ich

trauere den Schuhen mit hohen Absätzen nicht nach,

stehe zu meinen grauen Haaren und akzeptiere das

Leben, so wie es ist und ich es mir gestalte.

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Titel | Thema

CellitinnenForum 4/2018