tung. Diese erfüllt neben der pflege-
rischen auch eine soziale Aufgabe.
Lassen sich Altersbeschwerden
eigentlich aufhalten?
Welz-Barth: Da gibt es die klas-
sischen Faktoren wie Sport und
gesunde Ernährung. Aber stoppen
lässt sich das Alter nicht.
Stutenbäumer: Bestimmte Kompe-
tenzen wie Mobilität können auch
wiedererlangt werden.
Welz-Barth: In der Klinik können wir
dazu gute Anstöße geben, mehr
aber auch nicht. Bei allen Rehabili-
tationsmaßnahmen kommt es auch
im Alter darauf an, wie der Patient
mitmacht und ob er das Training zu
Hause weiterführt.
Stichwort Alterskrankheiten. Was
fällt Ihnen spontan als erstes dazu
ein?
Welz-Barth: Ein großes Thema in
Kliniken ist die Altersdepression.
Da können wir in rund 14 Tagen
Aufenthalt schon viel Gutes tun,
doch die Krankheit erfordert eine
langfristige Therapie.
Stutenbäumer: In meiner Berufs-
laufbahn wurde erst ein Mal eine
Gesprächstherapie für einen Be-
wohner bewilligt. Die Seelsorge und
die Präsenz der Ordens-Christen in
unseren Häusern kann man daher
nicht hoch genug schätzen. Sie
fangen viele Sorgen und Nöte auf.
Sr. Lioba: In den Seniorenhäusern
bieten wir Gespräche an, aber auch
Gemeinschaftserlebnisse helfen
gegen Verzweiflung und Trübsal.
Unsere Rosenkranzgebete und
Gottesdienste besuchen Menschen
aller Konfessionen. Auch Nichtgläu-
bige lassen sich von unseren An-
geboten trösten und Mut machen.
Großhennrich: Die Patienten sind
viel zu kurz da, als dass wir gegen
die Altersdepression nachhaltig et-
was tun könnten. Im Klinikalltag
bemühen sich Ärzte und Pflegende
um die akuten Erkrankungen. Da
bleibt wenig Zeit für mehr.
Gibt es Möglichkeiten, die psycho-
logische Versorgung der älteren Pa-
tienten zu verbessern?
Welz-Barth: Wir benötigen mehr
Betreuungskräfte, die sich mit den
älteren Patienten unterhalten, aus
der Zeitung vorlesen – kurz: Küm-
merer. In den Kliniken des Verbun-
des sind wir da auf einem guten
Weg, aber noch lange nicht am
Ziel.
Eine Frage an die Ordensschwes-
tern: Wie erleben Sie das Alter?
Sr. Paula: Unser Glaube und die
Gemeinschaft fangen uns auf.
Sr. Lioba: Wir tragen Verantwortung
füreinander, sprechen über Dinge,
die uns bewegen oder belasten,
und sind in der Gemeinschaft ge-
borgen. Unsere Gebete und Routi-
nen geben unserem Leben Struktur.
Wir haben viel über Verlust und
Ängste im Alter gesprochen. Gibt
es denn so gar nichts Positives an
der ‚dritten Lebensphase‘?
Jahnz-Blumberg: Oh doch. Wir ste-
hen nicht mehr in der Pflicht, alles
unter einen Hut bringen zu müssen:
Beruf, Kinder, Haushalt. Wir sollten
viel mehr auf die positiven Seiten
schauen.
Sr. Paula: Ich werde im Alter de-
mütiger. Das tut mir gut.
Stutenbäumer: Dinge loszulassen,
wie die Verantwortung für Haus
und Hof, gibt ein Stück Freiheit.
Der Kontakt zwischen den Senioren
und ihren Angehörigen erfährt da-
durch wieder eine Leichtigkeit, die
manchmal verloren gegangen ist.
Möchten Sie nochmal zwanzig
sein?
Großhennrich: Die vielen Aufreger –
Erwachsenwerden mit allen Neben-
wirkungen, berufliche Orientierung
und der eigene Nestbau – das
reicht ein Mal.
Jahnz-Blumberg: Ich finde es sehr
angenehm, nicht mehr so gehetzt
zu sein. Ich konzentriere mich auf
Sachen, die mir Spaß machen. Mit
meinemMann auch schwere Zeiten
zu meistern wie seine Krankheit,
empfinde ich bei aller Härte auch als
Privileg. Dass mir nicht immer sofort
Begriffe oder Namen einfallen, neh-
me ich mit einem Augenzwinkern
zur Kenntnis.
Die Teilnehmer: Schwester Lioba und Schwester Paula aus dem Herseler Ursulinenkon-
vent, Monika Großhennrich, Mitarbeiterin im Sozialdienst/CaseManagement des Kölner
Heilig Geist-Krankenhauses, Monika Jahnz-Blumberg, ehemalige Seniorenhausleiterin
und heute ehrenamtlich für die Einrichtungen tätig, Marc Stutenbäumer, Leiter des Kölner
Seniorenhauses Heilige Drei Könige, Prof. Annette Welz-Barth, Chefärztin der Klinik für
Innere Medizin und Geriatrie amWuppertaler Krankenhaus St. Josef und am Petrus-Kran-
kenhaus, Moderation: Susanne Bieber
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Titel | Thema
CellitinnenForum 4/2018