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Das Alter hat viele Facetten und

lässt sich aus unterschiedlichen

Blickwinkeln betrachten. Die Re-

daktion des CellitinnenForums

interessierte sich für die medizini-

sche und die spirituelle Perspektive

und holte die Spezialisten an einen

Tisch.

Fragt man die ältere Generation

nach ihren Wünschen, so geben

viele Senioren an, so lange wie

möglich selbstständig leben zu

wollen.

Welz-Barth: Das ist ein schöner

Gedanke, doch darauf sollte man

sich nicht verlassen. Nicht selten

ist nach einem Klinikaufenthalt an

eine Rückkehr in die eigenen vier

Wände nicht mehr oder nicht so-

fort zu denken. Wir erleben, dass

die Wenigsten einen Plan B haben.

Die Angehörigen sind dann ebenso

überfordert wie der Patient.

Großhennrich: Das stimmt. In vielen

Fällen gibt es im Anschluss an den

Klinikaufenthalt kein Krankheits-

sondern ein Versorgungsproblem.

Alle verlassen sich darauf, dass die

Klinik eine Lösung finden wird.

Jahnz-Blumberg: Viele verdrängen

die Risiken in dieser Lebensphase.

Sie wissen, dass das Ende näher

kommt und tabuisieren das Thema.

Eigentlich müssen wir die Ange-

hörigen dafür sensibilisieren, mit

den Eltern einen Präventivplan zu

entwickeln.

Müssen wir das Altwerden außer-

halb der vertrauten Wohnung oder

der Familie noch üben?

Sr. Lioba: Viele Menschen haben lei-

der ein falsches Bild von Senioren-

einrichtungen. Die Kurzzeitpflege ist

eine gute Möglichkeit, mal in einem

Seniorenhaus ‚zu schnuppern‘.

Stutenbäumer: Ich beobachte in

unserer Einrichtung, dass mehr

Menschen ohne Not unsere Be-

ratungstermine aufsuchen, die

Möglichkeiten abwägen und ihre

Zukunft planen. Das kann ich nur

jedem empfehlen, denn Planung

gibt Sicherheit.

Gehen wir noch einen kleinen

Schritt zurück: Plötzlich steht

die Rente vor der Tür! Wie sieht

ein zufriedener Lebensabend

aus?

Jahnz-Blumberg: Das Rentner-

dasein will geübt sein. Wer immer

nur für seinen Beruf gelebt und die

restliche Zeit vor dem Fernseher

verbracht hat, wird Schwierigkeiten

haben, die viele Freizeit sinnvoll zu

nutzen.

Stutenbäumer: Man sollte frühzeitig

Prioritäten setzen undWeichen stel-

len, um nicht anderen Menschen,

oft den Kindern, die gesamte Ver-

antwortung für das eigene Leben

zu übertragen.

Welche Rolle spielt das Thema Ein-

samkeit im Alter?

Jahnz-Blumberg: Ich habe ältere

Menschen kennengelernt, die das

Sprechen verlernt hatten. Ihnen

fehlten soziale Kontakte. Wie sich

körperliche Berührung, beispiels-

weise die Hand eines Kindes an-

fühlt, hatten sie völlig vergessen.

Sr. Paula: Gegen die Einsamkeit hilft

der Umzug in eine Senioreneinrich-

Das Alter meistern

Ein Prozess aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet

v.li

Dr. Anette Welz-Barth, Marc Stutenbäumer, Susanne Bieber,

Monika Großhennrich, Schwester Paula und Schwester Lioba,

Monika Jahnz-Blumberg

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Titel | Thema

CellitinnenForum 4/2018