Wer Dirk Rohde in voller Montur auf
seinem Polizeimotorrad durch die
Kölner Innenstadt kurven sieht, ahnt
nicht, dass dies für den 54-Jähri-
gen tagtäglich sein eigenes kleines
Wunder ist: 2015 bekam er die Dia-
gnose Mundbodenkrebs, als er mit
einem Abszess am Hals zum Arzt
ging. Seine Überlebenschancen
wurden bei 60 Prozent innerhalb
der nächsten fünf Jahre eingestuft.
Das Leben von Rohde wurde kom-
plett auf den Kopf gestellt: „Ich war
total geschockt – und fühlte mich
erst einmal sehr allein mit meinen
Gefühlen und Gedanken.“
In der Folgezeit wurde er insge-
samt drei Mal im Kölner St. Fran-
ziskus-Hospital von Chefarzt Dr.
Christoph Möckel operiert: Neben
den Halslymphknoten wurden auch
der Tumor und ein Teil seiner Zunge
entfernt. Schlag auf Schlag ging
das damals und Rohde wusste
kaum, was mit ihm passierte. Auf
die Angst um sein Leben folgte die
Wut – und daraus entwickelte der
leidenschaftliche Polizist einen un-
geahnten Lebenswillen: „Ich be-
schloss, zu überleben und wieder
als Motorradpolizist meinen Dienst
anzutreten.“
In der Zeit nach der Operation und
während der anschließenden Che-
mo- und Strahlentherapien erfuhr er
große Unterstützung durch seine
Kollegen, die ihn täglich besuchten
und ihn motivierten, sein Ziel – die
Rückkehr in den Beruf – nicht aus
den Augen zu verlieren, schließlich
warte sein Motorrad auf ihn und
die neue Motorrad-Kombi sei auch
schon bestellt. Die Therapie ver-
langte ihm aber vorher einiges ab:
Der starke Gewichtsverlust und die
starken Schmerzen, die Erschöp-
fung und die Appetitlosigkeit ließen
ihn mehr als einmal ans Aufgeben
denken. Doch er kämpfte sich im
wahrsten Sinne des Wortes durch
die Therapie und die anschließende
Reha, um schnellstmöglich wieder
als Polizist auf seinem Motorrad zu
sitzen. Hierfür waren körperliche
Fitness und Kraft eine der wich-
tigsten Voraussetzungen. „Ich bin
immer an meine Grenzen gegan-
gen, um wieder stark und fit genug
zu werden, die schwere Maschine
steuern und unter Kontrolle haben
zu können“, erinnert sich Rohde.
Eisern habe er Tag für Tag trainiert.
Zuerst mit 0,33-Liter-PET-Flaschen
und Spaziergängen, dann im Fit-
ness-Studio.
Bevor er grünes Licht bekam, ab-
solvierte er mit einem Kollegen eine
dreistündige Motorradausfahrt in
der Stadt und über Land – dann
war der Polizist endlich wieder im
Dienst. Und dort ist er bis heute
aktiv, in Köln inzwischen bekannt
wie ein bunter Hund. Was ist anders
geworden? Neben den körperli-
chen Einschränkungen – fehlender
Geschmackssinn, Probleme mit der
Aussprache, Appetitlosigkeit – ist er
laut eigener Aussage ‚weicher‘ ge-
worden, verständnisvoller, sensibler
im Umgang mit Menschen, denen
er in seinem Beruf begegnet. Oft
belasse er es auch einmal bei einer
Risiko Mundbodenkrebs
Motorradpolizist Dirk Rohde kämpfte sich zurück ins Leben
Dirk Rohde ist wieder als Motorradpolizist im Einsatz
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CellitinnenForum 2/2019