„Guten Morgen, ich bin es, Frau
Müller. Ich möchte Ihnen heute bei
der Körperpflege helfen“, stellt sich
die Altenpflegerin vor, so wie jeden
Morgen, wenn sie das Zimmer von
Herrn Mücke betritt. Herr Mücke
lebt im Seniorenhaus Heilige Drei
Könige in Köln-Ehrenfeld und leidet
an einer Form von Demenz. Die
Antwort des älteren Herrn – „Komm
her, mein Schatz und gib mir ein
Küsschen!“ – verunsichert die junge
Frau zunächst. Doch ihr Lachen,
das trotz der Unsicherheit authen-
tisch wirkt, lockert die Situation auf.
Auch Herr Mücke lacht über ‚seinen
Witz‘ und im gleichen Augenblick
sind der Satz, die Irritation und das
Missverständnis vergessen. Frau
Müller unterstützt Herrn Mücke wie
gewohnt und die beiden plaudern
nun über das Wetter.
„Solche Situationen sind nicht un-
üblich“, erklärt Marc Stutenbäumer,
Leiter des Seniorenhauses Heilige
Drei Könige. Lachen heißt in der
Pflege demenziell veränderter Men-
schen nicht nur, diese zum Lachen
zu bringen, sondern auch, mit ihnen
zu lachen – und das in den unter-
schiedlichsten Situationen. In der
Regel wissen die Pflegenden be-
reits, wie sie mit einzelnen Bewoh-
nern, die eine Demenz aufweisen,
umzugehen haben.
Vieles ist in der erlebnisorientierten
Biografie eines jeden Bewohners
bestmöglich dokumentiert, unter
anderem auch die Verhaltensmus-
ter. Mithilfe der Dokumentation
versuchen die Mitarbeiter im Se-
niorenhaus, so gut und individuell
wie es nur geht, auf die Bewohner
einzugehen. Da im Verlauf der De-
menzerkrankung die Betroffenen
ihre kognitiven Fähigkeiten immer
weiter verlieren, gewinnen Emotio-
nen und emotionsgeladene Erinne-
rungen an Bedeutung. Die Mäeutik,
die davon ausgeht, dass (erlebte)
Emotionen ein Leben lang erhalten
bleiben, hilft im Seniorenhaus Heili-
ge Drei Könige ebenfalls dabei, mit
unterschiedlichsten Reaktionen der
demenziell veränderten Bewohner
umzugehen.
„Gibt die Situation es her, lachen wir
immer gerne mit“, so Stutenbäu-
mer. „Ich versuche, hier imHaus ge-
nerell eine positive Stimmung unter
allen Mitarbeitern und Bewohnern
zu bewahren“, ergänzt er. Wenn es
darum geht, demenziell veränderte
Bewohner zum Lachen zu bringen,
sprechen die Mitarbeiter emotio-
nale Ankerpunkte aus der Ver-
gangenheit mit unterschiedlichen
Reizen an. Dabei helfen Gesang,
Tanz, Musik, eine positive Körper-
sprache, die Haushündin Fly mit
ihrem sehr weichen Fell oder aber
auch der Geruch von gutem Essen
oder leckeren Süßspeisen. „Wenn
es kein Lachen ist, dann freuen wir
uns auch schon über ein Lächeln,
einige weinen auch vor Freude,
das bewegt uns dann besonders.“
Letztendlich gehe es darum, mit
einem Lachen das anzuspre-
chen, was demenziell veränderten
Menschen trotz des Vergessens
hoffentlich bleibt: viele glückliche
Gefühle.
Lachen verlernt man nicht
Emotionen wecken bei demenziell veränderten Menschen
Titel | Thema
8
CellitinnenForum 2/2019