Fortbildung aktuell - Das Journal Nr. 1/2015 (Mai 2015) - page 8

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Fortbildung aktuell – Das Journal
der Apothekerkammer Westfalen-Lippe
Omega-3-Fettsäuren
Neueste Daten beschreiben zudem ei-
ne verbesserte Durchblutung definierter
Hirnareale durch erhöhte Zufuhr von
DHA,
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womit entsprechende tierexperi-
mentelle Daten erstmals auch beim Men-
schen bestätigt werden konnten. Als
mögliche Mechanismen für diesen Effekt
werden aktuell eine Interaktion von DHA
mit dem cerebralen cholinergen System
und eine Induktion der NO-Synthase dis-
kutiert, wodurch es über vermehrte NO-
Bildung zur lokalen Vasodilatation kom-
men könnte.
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Von dieser DHA-abhän-
gigen Steigerung des cerebrovaskulären
Blutflusses sind nach bisherigen Erkennt-
nissen vor allem die Großhirnrinde und
der Thalamus betroffen – beides Hirnregi-
onen, die neben dem komplexen Denken
(Cortex) auch Orte von Persönlichkeit und
Bewusstseinsbildung sind. Im Zusammen-
hang mit Kognition und Demenz-Entste-
hung ist dies besonders interessant, da
neue Untersuchungen darauf hindeuten,
dass es im Rahmen der Alzheimer-Patho-
genese auch zu einer Reduktion des cere-
brovaskulären Blutflusses in diesen Hirnre-
gionen kommt. Ebenso könnte hier auch
der Effekt von DHA auf die Membran­
fluidität von Relevanz sein: Bei vermehr-
ter DHA-Zufuhr steigt auch der Anteil
von DHA in den neuronalen Membranen,
was zu einer erhöhten Membranfluidität
und damit einer veränderten Aktivität der
membrangebundenen Proteine führt.
Haast & Kiliaan haben ein Modell vorge-
schlagen, das den Zusammenhang zwi-
schen der Fettsäurezufuhr und den drei
Säulen der Hirngesundheit – Struktur,
Funktion und Durchblutung – anschaulich
darstellt (Abb. 3).
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Da
ω
3-Fettsäuren und
insbesondere DHA erhebliche Bedeutung
für die Entwicklung, die Struktur, die Phy-
siologie und offensichtlich auch für die
Durchblutung des menschlichen Gehirns
besitzen, ist es naheliegend, auch bei neu-
ropsychiatrischen und neurodegenera-
tiven Erkrankungen eine Beteiligung der
ω
3-Fettsäuren zu vermuten. Pathophysio-
logisch gut belegt ist die Rolle von Neu-
roprotectin D1 (NPD1), das im Gehirn aus
DHA gebildet wird (Abb. 2): An Neuronen
wirkt NPD1 neuroprotektiv, indem es an-
tiapoptotische und antiinflammatorische
Wirkungen vermittelt und die neuronale
Resistenz gegenüber oxidativem Stress
verbessert. Außerdem reduziert NPD1 die
Bildung der
β
-Amyloide, die Bestandteil
seniler Plaques sind und die als Hauptur-
sache für Morbus Alzheimer und ande-
re demenzielle Erkrankungen gelten. Da-
her ist postuliert worden, dass ein Mangel
an DHA über eine somit auch geringere
NPD1-Bildung zur Pathogenese eben die-
ser Krankheitsbilder beitragen könnte.
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Altersbedingter kognitiver
Leistungsverlust
Im Rahmen des physiologischen Alte-
rungsprozesses nehmen die Zahl der Sy-
napsen, die Zahl der Neuronen und das
Hirnvolumen ab; parallel kommt es zur
Abnahme der kognitiven Leistungsfähig-
keit. So beginnt die Abnahme der grauen
Substanz bereits im Alter von 20 Jahren,
die der weißen Substanz etwa ab dem Al-
ter von 40 Jahren.
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Die DHA-Konzentrati-
on im Gehirn nimmt mit zunehmendem
Alter ebenfalls ab. Aufgrund der neuro-
physiologischen Funktionen von DHA wä-
re auch ein kausaler Zusammenhang vor-
stellbar; schließlich fungiert DHA als neu-
rotropher Wachstumsfaktor, der die Neu-
Abbildung 3:
Einfluss verschiedener Fettsäure-Arten auf das Gehirn.
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Grüne Pfeile: lang-
kettige, mehrfach ungesättigte Fettsäuren, insbes. DHA und EPA; Rote Pfeile: gesättigte
Fettsäuren.
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