Fortbildung aktuell - Das Journal Nr. 1/2015 (Mai 2015) - page 10

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Fortbildung aktuell - Das Journal
Nr. 2/2011 der Apothekerkammer Westfalen-Lippe
Omega-3-Fettsäuren
tige Untersuchungen zum Stellenwert
von
ω
3-Fettsäuren bei altersabhängigem
kognitivem Leistungsverlust und Alzhei-
mer-Demenz werden viel mehr als bisher
die multifaktorielle Pathogenese, realis-
tische Beobachtungszeiträume und eine
pharmakologisch basierte Dosisfindung
berücksichtigen müssen.
Morbus Parkinson
Ähnlich sieht die Studienlage auch für die
mögliche Wirksamkeit von
ω
3-Fettsäuren
bei Morbus Parkinson aus: Zwar konnte in
zahlreichen Laborstudien und an Maus-
modellen gezeigt werden, dass DHA an
dopaminergen Neuronen neuroprotek-
tive Effekte besitzt und antiinflammato-
risch wirkt, und in tierexperimentellen
Parkinson-Modellen kann DHA Dopamin-
mangel-Dyskinesien reduzieren. Bislang
gibt es aber keine aussagekräftige Stu-
die, die einen protektiven oder gar the-
rapeutischen Effekt von
ω
3-Fettsäure-
Supplementen oder
ω
3-Fettsäure-reicher
Ernährung bei Parkinson-Patienten bele-
gen würde.
Neuropsychiatrische Erkrankungen
Die beste Datenlage zur klinischen Wirk-
samkeit von
ω
3-Fettsäuren gibt es für
die Verwendung von EPA-Supplementen
bei depressiven Erkrankungen: Meh-
rere große Metaanalysen von Placebo-
kontrollierten Interventionsstudien zei-
gen, dass die tägliche Gabe von EPA (200-
2200 mg/d), nicht jedoch von DHA, die
depressive Symptomatik messbar redu-
ziert.
14
Entscheidend scheint bei kombi-
nierten Supplementen neben der Dosie-
rung auch das relative Mengenverhält-
nis der einzelnen
ω
3-Fettsäuren zu sein:
So sollte das Verhältnis EPA/DHA >60 %
betragen.
14
Die zugrunde liegenden Me-
chanismen sind derzeit Gegenstand inten-
siver Forschung.
Aufgrund dieser positiven Daten für die
Therapie der Depression gibt es inner-
halb der aktuellen neuropsychiatrischen
Forschung nahezu keine Indikation, bei
der nicht die Wirksamkeit einer Supple-
mentation mit
ω
3-Fettsäuren untersucht
wird, so beispielsweise bei bipolaren Stö-
rungen, Borderline-Störungen, Schizo-
phrenie, Autismus, kindlichen Lernstö-
rungen oder bei der Aufmerksamkeitsde-
fizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS). Für
keine dieser Indikationen ist bisher eine
klinische Wirksamkeit einer
ω
3-Fettsäure-
reichen Ernährung oder einer Supplemen-
tation nachgewiesen. Ob sich zukünf-
tig tatsächlich ein nutzbares therapeu-
tisches Potenzial ableiten lässt, kann auf
Grundlage der aktuell vorhandenen Da-
ten nicht seriös abgeschätzt werden.
Schwangerschaft
Umfassend belegt ist dagegen die Bedeu-
tung einer ausreichenden
ω
3-Fettsäure-
Zufuhr in der Schwangerschaft für die vi-
suelle und kognitive Entwicklung des Kin-
des, was vor allem die ausreichende Zu-
fuhr von DHA betrifft. So wirkt sich eine
überdurchschnittliche DHA-Zufuhr wäh-
rend der Schwangerschaft positiv auf ver-
schiedene Endpunkte wie kindliche Seh-
schärfe, kognitive Funktionen, Intelli-
genz (IQ), Schlafmuster und Feinmotorik
aus.
15‑17
Diese Mehrheitsmeinung in der
Ernährungsmedizin wird aktuell teilwei-
se in Frage gestellt: So zeigen Langzeitun-
tersuchungen zwar einen Vorteil für die
kindliche Entwicklung in den ersten Le-
bensmonaten durch DHA-Supplementa-
tion; im Laufe der nächsten Lebensjahre
scheinen sich diese Vorteile jedoch zu ni-
vellieren und im Vergleich zu den dann
prägenden Umwelteinflüssen vernachläs-
sigbar zu sein.
18
Bis zur abschließenden
Klärung sollten Schwangere und Stillende
für die optimale Entwicklung ihres Kindes
jedoch täglich mindestens 200 mg DHA
zuführen; wenn dies nicht über regelmä-
ßigen Fischkonsum erreicht wird, sollten
entsprechende Supplemente verwendet
werden.
16,19
Omega-3-Fettsäuren in Lebensmitteln
In der Nahrung sind
ω
3-Fettsäuren in
pflanzlichen wie tierischen Fetten und
Ölen zu finden, allerdings mit recht un-
terschiedlichen Substanzmustern (Tab. 1
l
de Apothek kammer Westfalen-Lippe
Was kann ich ab
morgen umsetzen?
Schwangeren und Stillenden sollte
die Supplementation mit DHA
empfohlen werden (mindestens
200 mg/d), falls sie nicht entspre-
chende Mengen Fisch verzehren.
Nicht erforderlich wäre eine DHA-
Supplementation erst bei Verzehr-
mengen von durchschnittlich 25 g
Hering/Tag oder 70 g Lachs/Tag.
Welche Neuigkeiten
spreche ich auf der
nächsten Dienstver-
sammlung an?
• Die Supplementation von DHA bei
Schwangeren und Stillenden ist
empfehlenswert für die optima-
le Entwicklung des Kindes. Nur bei
überdurchschnittlich hohem Fisch-
konsum ist diese Supplementation
nicht erforderlich.
• Die Supplementation von
ω
3-
Fettsäuren ist weder zur Kardioprä-
vention noch zur Prävention von De-
menz oder Neurodegeneration sinn-
voll. Einen gesundheitlichen Vorteil
bietet jedoch die Ernährungsumstel-
lung im Sinne der mediterranen Er-
nährung, die mindestens zwei Mal
pro Woche den Verzehr von See-
fisch vorsieht. Die Einnahme von
ω
3-Fettsäure- oder Fischölsupple-
menten hat bei einer unverändert
fleischlastigen Ernährung keinen po-
sitiven Effekt.
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