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oder andere Probleme haben, die

ihnen das Leben schwer machen.

Sie können ja nicht täglich in

18 Einrichtungen und der Zentral-

verwaltung unterwegs sein.

Wie erreicht man Sie?

Für mich ist jeder Tag eine Wunder-

tüte, von der ich selten weiß, was

noch alles kommt. Ich bin mobil

jederzeit zu erreichen. Und das

wissen die Mitarbeiter inzwischen.

Meine Kontaktdaten sind bekannt,

auf E-Mail, SMS, WhatsApp und

sogar über Facebook reagiere

ich so schnell es möglich ist. Die

ersten Wünsche und Nachrichten

erreichen mich morgens ab 7:00

Uhr, pünktlich zur ersten Tasse Tee.

Wird dieses Angebot von den

Kollegen auch wahrgenommen?

Ja, das ist erstaunlich, wie gut

es angenommen wird! Vermutlich

liegt es auch daran, dass ich Laien-

theologin und Frau bin, da ist die

Hemmschwelle geringer als einen

Geistlichen um Unterstützung zu

fragen.

Das hört sich an, als hätten unse-

re Mitarbeiter sehr viele Probleme.

Sie haben so viele Probleme wie

andere arbeitende Menschen auch.

Die meisten von ihnen geben un-

glaublich viel! Wir haben tolle Mit-

arbeiter! Für die Kollegen in der Pfle-

ge endet das Tun für Andere nicht

an der Seniorenhaustür, sondern

geht zu Hause weiter: Versorgung

der Familie, der Eltern etc.. Und

immer heißt es: Du kannst das doch

so gut! Deshalb brauchen die Mit-

arbeiter Kraftquellen. Das kann ein

besonders gestalteter Wortgottes-

dienst sein, ein Exerzitienangebot,

eine Fortbildung oder ein Oasentag,

als Entlastung auch die Moderation

einer Teamsitzung oder Teamcoa-

ching. Ich bin da durch meine TZI-

Ausbildung gut aufgestellt. Aber

es rufen auch Mitarbeiter an, die

um ein Einzelgespräch bitten. Wir

machen dann einen Termin aus.

Manchmal ist nach dem ersten

Gespräch schon Entlastung oder

Erleichterung spürbar. Andere Mit-

arbeiter begleite ich auch über ei-

nen längeren Zeitraum, gerade bei

schweren Krisen oder Sterbefällen

in der Familie. Zum Glück lässt mir

die Geschäftsführung dabei völlig

freie Hand. Es gibt auch keinerlei

zeitliche Vorgaben.

Zu welchen Themen müssen Sie

besonders viele Ratschläge er-

teilen?

Die Frage ist schon falsch gestellt –

ich erteile keine Ratschläge. Wichtig

ist mir, gemeinsam herauszufinden,

was dem Menschen in dieser Si-

tuation guttut und ihn wieder hand-

lungsfähig macht. Ich glaube fest

daran, dass es in jedemMenschen

Ressourcen gibt, das Leben selbst

in die Hand zu nehmen. Manchmal

sind sie verschüttet und dann helfe

ich dabei, wieder an diese Quellen

zu kommen. Sie sehen, es geht

mehr um Leben als um Problem-

lösungen. Im Übrigen fällt alles mir

Anvertraute unter die dienstliche

Schweigepflicht, das ist das ‚seel-

sorgliche Beichtgeheimnis‘. Und

das ist mir bitter ernst. Nur so viel:

Die Themen, mit denen die Mit-

arbeiter sich an mich wenden, sind

so bunt wie das Leben. Ich werde

in sehr persönlichen Dingen um

Unterstützung gefragt, dabei kann

es um die Arbeit, um Glaubens-

fragen oder um Familiäres gehen.

Manchmal sind es einfache Anfra-

gen, beispielsweise, wenn jemand

passende Gebete sucht, um einen

Wortgottesdienst auszurichten.

Was gefällt Ihnen an Ihrer Arbeit

besonders gut?

Da möchte ich zwei Punkte erwäh-

nen. Zum einen bin ich inhaltlich

nicht weisungsgebunden. Niemand

schickt mich in Teams oder zu Mit-

arbeitern, um ‚nach dem Rechten

zu schauen‘. Es geht mir um das

menschliche Leben, das gelingen

soll, wobei Religion oder Konfession

der Mitarbeiter keine Rolle spielen.

Zum anderen darf ich in unseren

Häusern täglich vielen wundervollen

Menschen begegnen, die es sich

zur Aufgabe gemacht haben, rund-

um für andere da zu sein. Gerne

möchte ich die Kollegen noch mehr

miteinander vernetzen. Ich glaube,

dass wir durch Austausch und Be-

gegnungen sehr viel bewegen kön-

nen. Das trifft auch mein Naturell:

Stillstand liegt mir nicht. Insofern

ist mein Beruf als Seelsorgerin mir

seit über 27 Jahren nicht ein Job,

sondern Aufgabe und Berufung!

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CellitinnenForum 4/2015

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