Schwester Anke und Pfleger Bo-
ris – warum ist es eigentlich schwie-
rig und fühlt sich für Pflegende
komisch an, mit Nachnamen an-
gesprochen zu werden? Ist es doch
für keinen anderen Beruf der Welt
ein Problem. Sind wir alle Brüder
und Schwestern oder üben wir eine
Profession aus, empathisch, evi-
denzbasiert, gesundheitserhaltend
und -fördernd?
Bernice Buresh, Profes-
sorin für Journalismus
an der Boston Univer-
sity, und Suzanne Gor-
don, Journalistin und Assis-
tenzprofessorin an der School of
Nursing/McGill University in Mas-
sachusetts, gingen der Frage nach,
warum sich Mitarbeiter in Pflege-
berufen in der Öffentlichkeit nicht
oder zu wenig präsentieren und
es zulassen, dass andere über sie
sprechen. Durch zahlreiche Inter-
views, Erzählungen und Beobach-
tungen haben sie ihre Recherchen
in einem Buch zusammengefasst
und bewertet. Sie scheinen den
Nerv unseres Berufsstandes getrof-
fen zu haben, denn nicht nur in den
USA, auch in Europa luden Kran-
kenpflegeschulen die Autorinnen
ein, den Schülern Selbstmarketing
näher zu bringen.
Verwundert las ich, dass meine Be-
rufsgruppe weltweit die gleichen
Verhaltensmuster an den Tag legt.
Beispielsweise lassen wir es zu,
dass die Medien über uns reden,
aber nicht mit uns. Wir tauchen fast
ausschließlich im Sensationsjourna-
lismus auf. Schnell identifiziert man
den Schuldigen, diskutiert aber
keine Lösungen. Warum feiern wir
nicht, wenn wir einem Menschen
das Leben gerettet haben? War-
um sind wir nicht stolz auf unser
Wissen und unsere Kompetenz?
In den letzten Monaten wurde so
viel wie selten zuvor über die Um-
stände und Zustände in Altenpfle-
geeinrichtungen
und Kliniken be-
richtet. Die Partei-
en haben sich im
Wahlkampf dem
Notstand der Pfle-
geberufe angenommen, und das
hoffentlich nicht nur als plakative
Floskel. In Fernsehdiskussionen ka-
men Pflegende zu Wort, für mich
waren ihre Aussagen leider weder
repräsentativ noch zielführend. Zu
hören waren Sätze wie „Ich bin
nicht dazu da, ihren Hintern abzu-
putzen, sondern ihren Hintern zu
retten“, damit verhelfen wir uns zu
keinem positiven Ansehen und ma-
chen den Beruf auch nicht attraktiv
für die junge Generation.
Nachdem ich das Buch gelesen
habe, bin ich als Pflegekraft und
Pflegedirektorin mehr als zuvor
ermutigt, unserer Berufsgruppe
zu einem Selbstbewusstsein zu
verhelfen, das die Professionali-
tät deutlich herausstellt. Die bei-
den Journalistinnen geben hierzu
wertvolle Tipps. In den nächsten
Jahren mögen die Ressourcen
für gute Arbeitsbedingungen im
Gesundheitswesen vielleicht ver-
bessert werden, doch fehlen uns
dann mehr denn je die notwendigen
helfenden und kompetenten Hän-
de. Dieses Buch kann uns weiter-
helfen, Nachwuchs zu finden und
zu fördern, lesen Sie doch mal rein.
Susanne Krey
Pflegedirektorin
‚Der Pflege eine Stimme geben‘
Eine Buchempfehlung
Der Pflege eine Stimme geben
Verlag Hogrefe
ISBN-10: 3456842201
39,95 Euro
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Titel | Thema
CellitinnenForum 2/2018