

mit hoher Proteinbindung ein größerer
Anteil ungebunden vorliegt und wirksam
ist. Beispiele für Arzneistoffe mit hoher
Plasmaproteinbindung sind Phenytoin,
Phenprocoumon und Digoxin.
1 2
Metabolisierung
Auch die hepatischen und renalen Me-
tabolisierungs- und Clearancevorgänge
entwickeln sich bei Kindern erst im Lau-
fe der Zeit. Die CYP-Enzyme in der Leber
gewinnen unterschiedlich schnell an Ak-
tivität. Zum Beispiel ist CYP2C9 bereits
wenige Tage nach der Geburt einsatzbe-
reit, CYP1A2 hat dagegen im Alter von
einem Jahr noch nicht das Ausmaß der
Erwachsenenaktivität erreicht. Auch die
Niere braucht Zeit, bis sie ihre volle Akti-
vität erreicht. Die glomeruläre Filtration
und die tubuläre Sekretion sind erst nach
einem Jahr voll ausgereift. Bei Säuglingen
ist die renale Ausscheidung von Arznei-
stoffen aufgrund der niedrigen glomeru-
lären Filtrationsrate (GFR) verzögert. Bei
Frühgeborenen beträgt die GFR etwa 10
ml/min/1,73 m2, bei reifen Neugeborenen
etwa 40 ml/min/1,73 m2. In dieser frühen
Phase kann sich die Elimination renal
ausgeschiedener Medikamente täglich
verändern.
2,3
Tabelle 2 verdeutlicht, wie schwierig
es ist, die richtige Dosis für Kinder zu fin-
den. Es kann nicht einfach die Erwachse-
nendosis halbiert oder „heruntergerech-
net“ werden. In der Praxis richten sich
Kinderärzte wie oben gezeigt nach der
Körperoberfläche, Alter und demGewicht.
Zur Orientierung gibt es hierzu auch päd-
iatrische Dosistabellen. Bei Arzneimitteln,
die für Kinder zugelassen sind, findet man
in der Regel auch genaue Dosierungsan-
gaben in der Fachinformation. Die von der
Firma Hexal entwickelte Datenbank www.
zak-kinderarzneimittel.delistet außerdem
wichtige Informationen zu allen für Kinder
zugelassenen Wirkstoffen. Eine Auswahl
nach Altersgruppe und Darreichungsform
ist möglich.
Besonderheiten bei der Zulassung
Für Krankheiten, die bei Kindern verbrei-
tet sind, gibt es in der Regel ausreichend
geprüfte Arzneimittel. Anders sieht das
bei schwerwiegenden, seltenen Erkran-
kungen aus. Die kleinen Patienten be-
kommen dann Medikamente, die für ihre
Altersgruppe oder ihre Erkrankung nicht
zugelassen sind, sie werden off-label be-
handelt. Laut dem Bundesverband der
Pharmazeutischen Industrie (BPI) liegen
bei rund der Hälfte der Medikamente, die
Kinder in deutschen Krankenhäusern ver-
abreicht werden, keine Daten zur Verträg-
lichkeit und Anwendungssicherheit in der
entsprechenden Altersgruppe vor.
Die
Kinderarzneimittelverordnung
der Europäischen Union, die Anfang 2007
in Kraft trat, sollte das ändern. Pharma-
zeutische Unternehmer sind seitdem
verpflichtet, für die Zulassung neuer Arz-
neistoffe zusätzlich Studien zur Wirksam-
keit und Sicherheit bei Kindern (Paediatric
Investigation Plan, PIP) vorzulegen. Ausge-
nommen davon sind nur Arzneimittel, die
generell nicht bei Kindern angewendet
werden, zum Beispiel Antidementiva.
Schwieriger ist die Situation bei be-
reits zugelassenen, „alten“ Arzneimitteln:
Damit die bei Erwachsenen bewährten
Wirkstoffe auch bei Kindern und Jugend-
lichen eingesetzt werden können, müssen
sie zunächst in Studien an diesen Alters-
gruppen getestet werden. Anschließend
TABELLE 1:
Merkregel zur Ermittlung der Kinderdosis von Medikamenten, die nach
Körperoberfläche dosiert werden
2
Alter
(Jahre)
Durchschnittsgewicht
(kg)
Kinderdosis als Anteil der
Erwachsenendosis
¼
5,5
1/6
½
7,5
1/5
1
10
¼
3
14
1/3
7 ½
24
½
12
38
2/3
Erwachsene
65
1
TABELLE 2:
Besonderheiten der Arzneimitteltherapie bei Kindern
4
Organ
Besonderheit bei Säuglingen
Mögliche Folgen (Beispiele)
Magen und Darm
·
Geringe Säureproduktion
·
Langsame Magenentleerung
·
Langsame Darmtätigkeit
·
Darm ist noch nicht vollständig mit Bakterien
besiedelt
Verzögerter Wirkeintritt, Überdo-
sierungen möglich
Haut
Dünnere Haut bei Säuglingen
Vorsicht bei Glucocorticoid-
haltigen Salben, Iod-haltigen
Desinfektionsmitteln, stärkere
Wirkung möglich
Gehirn
Die Blut-Hirn-Schranke ist ab dem Alter von ca.
sechs Monaten vollständig ausgebildet
Loperamid erst für Kinder ab zwei
Jahren (verschreibungspflichtig!,
OTC-Präparate ab zwölf Jahren)
Körperzusammen-
setzung
·
geringerer Körperfettanteil
·
mehr Körperwasser in den
Zellzwischenräumen
Leichtere Anreicherung von
fettlöslichen Arzneistoffen (z. B.
Diazepam), Überdosierungen
und stärkere Nebenwirkungen
möglich
Niere und Leber
·
Eliminationsmechanismen noch nicht
ausgereift
·
Einzelne Enzyme fehlen oder arbeiten noch
nicht in vollem Ausmaß.
·
Ältere Kinder haben im Verhältnis zu
ihrem Körpergewicht eine größere Leber als
Erwachsene.
Cave: mögliche Überdosierung
von Penicillin und Paracetamol
bei Säuglingen, Codein nicht für
Kinder unter zwölf Jahren
12
/ AKWL Fortbildung Aktuell – Das Journal
ARZNEIMITTEL FÜR KINDER