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Dennoch werden bewährtere Alternati-

ven wie Penicilline, Cephalosporine und

Makrolide empfohlen. Dies gilt insbeson-

dere dann, wenn der Säugling unter einer

Hyperbilirubinämie oder einem Gluco-

se-6-Phosphat-Dehydrogenase-Mangel

leidet.

Weitere wesentliche Besonderheiten

des Neugeborenen-Organismus, die Ein-

fluss auf die Pharmakologie von Wirkstof-

fen haben, sind:

5,6,8

· Verminderte Magensäuresekretion und

verlangsamte Magenentleerung: Arznei-

stoffe, die durch Magensäure aktiviert

werden oder Wirkstoffe, die im Dünn-

darm resorbiert werden, zeigen eine

veränderte Pharmakokinetik. Erfolgt kei-

ne Aktivierung, kann in der Regel auch

keine Wirkung beobachtet werden.

· Die Leber, die während der Zeit imMut-

terleib zweckmäßigerweise keinerlei

Entgiftungsfunktion hatte und auch

ansonsten nur sehr reduziert arbeitete,

produziert zunächst nur in geringem

Maße Plasmaeiweiße. Damit fällt der

Faktor der Plasmaeiweißbindung weg,

so dass der Blutspiegel von typischer-

weise in geringer Konzentration im

Blut ungebunden vorhandenen Arznei-

stoffmolekülen vergleichsweise hoch

ist. Dies kann, sofern bereits geeignete

Leberenzyme zum Abbau vorhanden

sind, zu einem schnelleren Ausschei-

den als im Vergleich zum erwachse-

nen Organismus führen oder aber zu

verstärkten systemischen Effekten. Da

jedoch die Menge der freien Moleküle

immütterlichen Plasma Dank der dort

vorhandenen Plasmaeiweiße vor allem

bei Bindungsraten von 85 und mehr Pro-

zent, nicht sehr hoch sein wird und nur

ein Bruchteil tatsächlich in der Mutter-

milch anflutet, werden keine massiven

UAW zu erwarten sein. Deshalb bei der

Auswahl eines Arzneistoffs zur Behand-

lung der Mutter solche mit einer höhe-

ren Plasmaeiweißbindung bevorzugen.

· Der Leberstoffwechsel passt sich nach

und nach an: Die Ernährung mit Mutter-

milch in den ersten Wochen stellt keine

besonderen Anforderungen an den

enzymatischen Leberstoffwechsel dar.

Oxidationsreaktionen erfolgen in der

Leber nach ein bis zwei Wochen nach

Geburt, bei Konjugationsreaktionen

dauert es sogar drei Monate. Deshalb

sind veränderte Plasmahalbwertszeiten

zu beobachten (s. Tabelle 3) oder dass

in den ersten sechs Lebenswochen Xan-

thinderivate zu Coffein abgebaut wer-

den und der Säugling deshalb schlecht

schläft sowie unruhig wirkt. Nach der

mütterlichen Einnahme von Theophyllin

kann dies zu Beginn gelegentlich beob-

achtet werden.

· Auch die renale Clearance erreicht erst

nach zwei bis fünf Monaten „normale“

Werte. Renal eliminierte Wirkstoffe

haben deshalb oft eine höhere bzw.

längere Wirksamkeit.

· Wegen des deutlich erhöhten Körper-

wasseranteils kommt es zu niedrigeren

Konzentrationen wasserlöslicher Wirk-

stoffe; fettlösliche Wirkstoffe sind dafür

im Plasma höher konzentriert.

· Die Blut-Hirn-Schranke ist in den ersten

Lebensmonaten mangelhaft ausgebildet,

so dass es bei Antihistaminika beispiels-

weise zu paradoxen Wirkungen kommen

kann.

Während der Antibiotikabehandlung der

Mutter kann eine dünnere Stuhlkonsistenz

beim Säugling auftreten. Viel wesent-

licher kann wegen geschmacklicher Verän-

derungen der Milch, z. B. bei der Einnahme

von Penicillinen und Makroliden, aber

auch bei ätherischen, insbesondere

mentholhaltigen Ölen, die oft in Erkäl-

tungsmitteln enthalten sind, Gewürzen

sowie Nikotin die Verweigerung der Milch

sein. Deshalb empfehlen Ernährungsfor-

scher, dass werdende Mütter bereits auf

eine abwechslungsreiche Nahrung achten

sollten. Sollte eine längerfristige Therapie

mit Analgetika, Sedativa, Psychopharmaka

oder Antiepileptika notwendig sein (vgl.

hierzu,

3,6,7,8;

www.embrytox.de

so gilt ganz allge-

mein, dass der Säugling bezüglich auftre-

tender Nebenwirkungen, wie Müdigkeit,

Sedierung, mögliche Trinkschwäche und

eventuell eine veränderte Hautfarbe be-

obachtet wird und dann im Einzelfall über

eine Fortsetzung des Stillens oder einen

Präparatewechsel Rücksprache mit dem

Arzt erfolgt.

REFERENZEN & LITERATUR

1 Anderson, P.O.: Drugs and breastmilk. Pediatrics

95 (6), 958, (1995)

2 Friese, K., Mörike, K. et al.: Arzneimittel in

Schwangerschaft und Stillzeit Ein Leitfaden für

Ärzte und Apotheker; WVG, 2006

3 Grospietsch, G.: Erkrankungen in der Schwanger-

schaft, WVG Stuttgart, 2004

4 Koshimichi, H. et al.: Analysis and Prediction of

Drug Transfer into Human Milk Taking into Con-

sideration Secretion and Reuptake Clearances

across the Mammary EpitheIia; Drug Meta-

bolism and Distribution, 2011 [doi: 10.1124/

dmd.111.040972]

5 Lichtmaneker, N.: Arzneimittelempfehlungen in

der Schwangerschaft, Govi, 2016

6 Schaefer, C., Spielmann, H. et al.: Arzneimittel

in Schwangerschaft und Stillzeit, mit Zugangs-

code zu ergänzendemWeb-Angebot; Urban und

Fischer 2012

7 Rohde, A., Schaefer, C.: Psychopharmakotherapie

in Schwangerschaft und Stillzeit, Georg Thieme

Verlag, 2010

8 Smollich, M., Jansen, A.C.: Arzneimittel in

Schwangerschaft und Stillzeit – Schnell und

sicher beraten, Hippokrates Verlag 2009

9 Jansson, L.M.: Guidelines for breastfeeding and

the drug-dependent woman. Breastfeed Med

2009; 4: 225-228

Internet

·

www.embryotox.de

·

www.fachinfo.de

·

www.motherisk.org

·

www.toxnet.nlm.nih.gov

TABELLE 3:

Beispiele für Halbwertzeiten einiger Wirkstoffe im Vergleich bei Neugebore-

nen und Erwachsenen (nach

www.fachinfo.de

)

2,6,8

Wirkstoff

Neugeborenes

Erwachsener

Paracetamol

2,5-5 h

1,9-2,2 h

Diazepam

15-100 h

15-25 h

Theophyllin

24-36 h

3-9 h

Chloramphenicol

8 h

1,5-5 h

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DR. CONSTANZE SCHÄFER / DÖRTE SCHRÖDER-DUMKE