

muss der Hersteller eine Arzneimittelzu-
lassung speziell für Kinder, eine sogenann-
te PUMA (Pediatric use marketing autho-
risation), beantragen. Im Gegenzug erhält
der Hersteller wirtschaftliche Vorteile,
so gewährt die europäische Arzneimit-
telagentur EMA etwa einen zehnjährigen
Unterlagenschutz und damit ein exklusi-
ves Vermarktungsrecht in Europa.
Doch diese Anreize scheinen für vie-
le Hersteller wenig attraktiv zu sein. In
vielen pädiatrischen Indikationen fehlen
noch immer geprüfte Arzneimittel. Seit
2007 sind bislang lediglich drei PUMA zu-
gelassen worden: 2011 Midazolam (Buc-
colam®) zur akuten Krampfkontrolle bei
epileptischen Kindern im Alter von drei
Monaten bis 18 Jahren, 2014 Propranolol
(Hemangiol®) zur Behandlung des Häm-
angioms ab der fünften Lebenswoche und
im vergangenen Jahr Glycopyrroniumbro-
mid (Sialanar®) ab drei Jahren bei Sialor-
rhö, übermäßigemSpeichelfluss aufgrund
neurologischer Erkrankungen.
Klinische Studien mit Kindern
Für pädiatrische Studien gelten die glei-
chen Sicherheitsvorschriften wie für klini-
sche Studien mit Erwachsenen, dennoch
gibt es bei minderjährigen Studienteilneh-
mern einige Besonderheiten. So dürfen
in Deutschland - anders als bei Erwach-
senen - Studien nur mit kranken Kindern
leicht geschluckt werden. Die größte Hür-
de, Kinder zur Einnahme eines Saftes oder
einer Lösung zu bewegen, ist in der Regel
der Geschmack. Bei der Abgabe eines Saf-
tes sollte der Apotheker die Eltern daher
auf die Geschmacksrichtung hinweisen.
Mag das Kind zum Beispiel partout kei-
nen Saft mit Erdbeer-Geschmack, kann
der Apotheker hier gegebenenfalls eine
besser geeignete Alternative mit anderer
Geschmacksrichtung finden.
Bei der Gabe flüssiger Arzneimittel
sollten die Eltern immer eine Dosierhilfe
verwenden, etwa eine Dosierpipette oder
eine Einmalspritze. Messbecher sind weni-
ger gut geeignet und fehleranfällig, denn
die Skala muss auf Augenhöhe abgele-
sen werden. Auch ein Messlöffel oder ein
Teelöffel sind in der Regel zu ungenau zur
Abmessung. Vielen Fertigpräparaten liegt
eine Dosierhilfe bei. Ist das nicht der Fall,
kann der Apotheker den Eltern eine mitge-
ben und die Anwendung gleich erläutern.
Für Säuglinge sind außerdem spezielle
Medikamentenschnuller und -fläschchen
auf demMarkt, die sich mit dem flüssigen
Arzneimittel befüllen lassen.
Ende des vergangenen Jahres starb
in Frankreich ein Säugling zu Hause an ei-
nem Atem- und Herzstillstand, nachdem
die Eltern ihm Uvestérol D, ein flüssiges
Vitamin-D-Präparat, mit einer spritzen-
artigen Dosierpipette verabreicht hatten.
Die Ursache des Todesfalls ist laut der
französischen Arzneimittelbehörde ANSM
höchstwahrscheinlich die falsche Anwen-
dung des Arzneimittels. Die Lösung ist ver-
mutlich in die Luftröhre des Säuglings ge-
langt. Schon in der Vergangenheit waren
mehrere Fälle von Verschlucken nach der
Verabreichung des Präparates gemeldet
worden. In Deutschland ist das Präparat
nicht erhältlich.
Der Fall zeigt, wie wichtig es ist, El-
tern die Applikation von Arzneimitteln bei
ihren Kindern genau zu erläutern und sie
auf Gefahren und Fehler aufmerksam zu
machen. So sollte die mit der Dosierpipet-
te aufgezogene Arzneimittellösung nicht
direkt in den Rachen des Kindes gespritzt,
sondern vielmehr langsam in die Wangen-
tasche geträufelt werden, um einem Ver-
schlucken des Kindes vorzubeugen.
Der Säugling sollte beimVerabreichen
nicht auf dem Rücken liegen, sondern bes-
ser halb sitzend gehalten werden. Wichtig
ist auch, die Lösung möglichst langsam
ABBILDUNG 1:
Säfte, Tropfen oder Lösungen eignen sich besonders gut für die Thera-
pie von Kleinkindern und Säuglingen.
durchgeführt werden. Auch muss es hin-
reichende Anhaltspunkte geben, dass das
teilnehmende Kind selbst einen Nutzen
von der Medikation oder Untersuchung
hat beziehungsweise ein Nutzen für Kin-
der mit der gleichen Erkrankung wahr-
scheinlich ist. Damit ein Kind in eine Stu-
die eingeschlossen werden kann, muss ein
gesetzlicher Vertreter (in der Regel die El-
tern) über Wesen, Bedeutung, Risiken und
Tragweite der klinischen Untersuchung in
Kenntnis gesetzt werden und der Teilnah-
me des Kindes daran zustimmen. Wenn
möglich, muss auch der kleine Patient sei-
ne Einwilligung geben.
Eine placebokontrollierte Studie mit
Kindern wird in der Regel nur durchge-
führt, wenn es keine Standardtherapie für
die zu behandelnde Erkrankung gibt. Gibt
es bereits eine Behandlungsmöglichkeit,
wird das neue Medikament in der Studie
mit der besten verfügbaren Standardthe-
rapie verglichen. Darüber hinaus gelten für
pädiatrische Studien alle Sicherheitsvor-
schriften, die für Arzneimittelprüfungen
an Erwachsenen relevant sind.
Arzneiformen für Kinder
Flüssige Darreichungsformen wie Säfte,
Tropfen oder Lösungen sind besonders für
die Therapie von Kleinkindern und Säug-
lingen geeignet (Abbildung 1). Sie können
recht einfach nach Gewicht dosiert und
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AKWL Fortbildung Aktuell – Das Journal /
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VERENA ARZBACH