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3 / 2016

TR: Gut. Die Fondsbranche wird weiter wachsen. Auf niedrige Zin-

sen, Infrastrukturstau und demografischen Wandel kann der

Fonds bessere Antworten geben als alle Konkurrenzprodukte zu-

sammen. Aber Finanzkrisen und Regulierung wird es immer wie-

der geben.

FU: Spannen wir den Bogen zur jungen Generation, zur Ausbildung.

Wäre die Situation in der Finanzkrise eine andere gewesen, wenn

in diesem Land schon viel früher Themen wie Wirtschaft und

Geldkreislauf oder Ertrag und Risiko fester Bestandteil der Aus-

bildung Jugendlicher gewesen wären?

TR: Ja, zweifellos. Dann hätte die Ansprache der Bürger auf ei-

nem ganz anderen Niveau stattgefunden. Die Ursachen und Fol-

gen der Finanzkrise hat doch bis heute kaum ein Bürger verstan-

den, die Zusammenhänge sind ja auch komplex. Auf diesem

Nährboden gedeihen dann Ideen wie die Finanztransaktions-

steuer, die anders als von den Befürwortern behauptet, die Ver-

braucher zahlen müssten, nicht die Finanzmarktakteure.

Außerdem ist Bildung der beste Verbraucherschutz. Nur mit ei-

nem Grundverständnis der wirtschaftlichen Zusammenhänge

sind Anleger in der Lage, fundierte Entscheidungen zu treffen.

Deshalb setzen wir uns beim BVI auch für Wirtschaft als Schul-

fach ein. Mangelndes Finanzwissen ist aber kein rein deut-

sches Phänomen, sondern ein globales Problem. Die Finanz-

bildung der Deutschen ist zwar gering, aber nicht geringer als

im Ausland.

FU: Stichwort Altersvorsorge, Bausparen: Sehen Sie da Tenden-

zen und Entwicklungen, dass der Sparer, der ja vom Festzins

kommt, umdenkt in Richtung Fonds, Fondssparen?

TR: Ja, auf jeden Fall. Das ist ein Teil der Erfolgsgeschichte

der letzten Jahre. 2015 war ein außergewöhnlich gutes Jahr

für die deutsche Fondsbranche, und zwar sowohl gemessen

am verwalteten Vermögen als auch am Neugeschäft. Auch für

die Berater sind die niedrigen Zinsen eine Chance. Im Unter-

schied zum beratungsfreien Vertrieb können sie die veränder-

ten Risiken von Substanzwerten und Zinsprodukten erklären

und so einen Ausweg aus dem Zinsdilemma zeigen. Das ge-

lingt gut: 2015 führten Mischfonds die Absatzliste mit Rekord-

zuflüssen von über 38 Milliarden Euro an. Sie sind auch 2016

weiter gefragt.

FU: Ist Sicherheit bei Fonds also praktisch schon inklusive?

TR: Investmentfonds bieten wie kein anderes Produkt die Mög-

lichkeit, renditestarke Anlagen wie Aktien mit anderen Anlage-

klassen wie Anleihen oder Immobilien zu mischen und so das Ri-

siko zu streuen. Sie bauen damit auch solchen Anlegern eine

Brücke zu renditestarken Anlageklassen, die nach den Marktver-

werfungen der Vergangenheit vor reinen Aktienanlagen zurück-

schrecken. Fonds sind außerdem insolvenzgeschützt, das Ver-

mögen der Anleger liegt getrennt vom Vermögen der Fondsge-

sellschaft bei einer Verwahrstelle.

FU: Nun schon fast die letzte Frage: Die ESMA hat ermittelt, dass

bis zu 15 Prozent der vermeintlich aktiven Fonds in Europa eng

Zur Person

THOMAS RICHTER

Hauptgeschäftsführer des deutschen Fon

Thomas Richter wurde am 8. Juni 1966 in Ansbach gebo-

ren. Er studierte Jura und Französisch in Frankreich und

Augsburg, war in einer Anwaltskanzlei in Toronto tätig und

ist geprüfter Börsenhändler und Investment Analyst DVFA/

CEFA. Von 1995 bis 1998 arbeitete er bei der Deutsche

Börse AG und anschließend bis zum Jahre 2007 in leiten-

den Positionen bei der DeAWM (ehemals DWS). Von 2007

bis 2010 war er Mitglied der Geschäftsführung der DWS

Investment GmbH und Mitglied des Vorstands des BVI.

Seit 2010 ist er beim BVI.

Thomas Richter ist Mitglied im Verwaltungsrat der BaFin

und stellvertretendes Mitglied in deren Übernahmebeirat.

Er wurde in den Beirat des Finanzmarktwächters berufen.

Zudem ist er Vizepräsident des Weltfondsverbands IIFA

und Mitglied des Vorstands des europäischen Fondsver-

bands EFAMA.

dsverbands BVI

an einem Index kleben und trotzdem die Gebühr für einen aktiven

Fonds einstreichen. Wie stehen Sie als Verbandsvertreter dazu?

TR: Die ESMA formuliert die Ergebnisse ihrer Untersuchung et-

was unbestimmter: Je nach gewählten Kriterien und Schwellen-

werten kommen die Aufseher bei 5 bis 15 Prozent der Fonds zu

dem Ergebnis, dass möglicherweise „closet index tracking“ vor-

liegt. Das ist kein hoher Wert. Die Orientierung an der Kennzahl

„active share“ halten wir außerdem für begrenzt aussagekräf-

tig. Sie ist isoliert betrachtet kein tauglicher Maßstab für die

Benchmarknähe eines Portfolios. Der active share liefert eben-

so wie andere Kennzahlen nur dann sinnvolle Ergebnisse,

wenn er über einen längeren Zeitraum, mit einer angemesse-

nen Frequenz und über verschiedene Marktzyklen hinweg ge-

messen wird. Außerdem sehen das deutsche und das EU-Recht

vor, dass in den Verkaufsunterlagen von Fonds wahre Angaben

zur aktiven oder passiven Anlagestrategie gemacht werden

müssen. Ob diese Angaben korrekt gemacht wurden, muss nun

im Einzelfall geprüft werden.

FU: Letzte Frage: Haben Sie selber Fonds?

TR: Ja, Aktienfonds auf Schwellenländer.

FU: Vielen Dank für dieses Gespräch!